Sehr geehrte Frau Zypries, sehr geehrter Herr Huber
Sie wurden beide in den Bundestag gewählt, daher wende ich mich als Bürger an Sie.
Seit über einem Jahr beobachte ich eine starke Veränderung in unserem Land, die von der Politik und den Medien ausgeht.
Zunächst wunderte ich mich darüber, daß es seitens der Politik kaum eine Reaktion auf den sog. „NSA-Skandal“ gab. Es wunderte mich auch, daß die, ich sage mal „großen Medien“ auch kaum darüber berichteten. Und ich spürte, wie unsere Bevölkerung so in teils Resignation, ein bischen Angst und vorallem in gefährlichen Fatalismus („Man kann ja doch nichts dagegen tun“ oder „ich habe doch nichts zu verbergen“) gedrängt wurde. Mag sein, daß mein Gefühl falsch liegt, dennoch nehme ich zur Kenntnis, daß sowohl die NSA, der BND als auch der britische Geheimdienst das Grundgesetz der Bundesrepublik massiv gebrochen haben. Damit geht es mich persönlich etwas an, dagegen zu agieren. Doch der NSA-Skandal ist in meinem Brief eher nebensächlich, auch wenn ich sehe, daß inzwischen fast jeder Benutzer eines Notebooks seine Webcam zugeklebt hat und ich mich fragen muß, wie es sein kann, daß ein Käufer eines Gerätes offenbar nicht mehr die „Macht“ darüber hat und zu solchen eher hilflosen Strategien greifen muß – und die Politik – Sie inbegriffen – nichts (sichtbares) dagegen tut. Ich bin kein Linker, dennoch muß ich Gregor Gysi an der Stelle Recht geben.
Seit der Ukraine-Krise beobachte ich genauer, was und worüber die Medien berichten. Mir wurde später klar, daß auch unsere angeblich „freien“ Medien genauso einseitig berichten wie die Russischen – nur eben gekonnter und nicht so plump, das gebe ich zu. Ich möchte Ihnen sagen, daß ich nichts von den Sanktionen gegen Russland halte – ich halte sie für einen Fehler. Da ich also unseren Medien nicht mehr vertrauen kann, beschränke ich mich auf den freien Journalismus, der zu einem Nieschenprodukt geworden zu sein scheint und las darin allerhand Dinge, die mich beunruhigen. Ich las ein Interview von Willy Wimmer in der „Jungen Welt“ (http://www.jungewelt.de/2014/09-13/007.php), das vieles, was ich bisher diffus spürte, auf den Punkt brachte.
Ich habe keine Angst vor einem Krieg, dennoch sehe ich, daß Politik und Medien anscheinend alles dafür tun. Ich unterliege seit 1994 nicht mehr der Wehrerfassung. Doch wenn, wie in obigen Interview beschrieben, dem Bundestag die Gewalt über einen Kriegseintritt entzogen und auf die NATO bzw. EU übertragen wird, gehe ich in Gedanken – auch in Verbindung mit dem Agieren der Geheimdienste – weiter und muß erkennen, daß man auch mich und ggf. meine Kinder (in 15-20 Jahren) zu Soldaten machen wollen wird. Ich kann für meine Kinder nicht sprechen, aber ich sage ihnen ganz deutlich, daß ich mich nicht zu militärischer Verfügungsmasse (ich werde keine Familienväter umbringen!) machen und mich lieber vor ein Erschießungskommando stellen lassen werde – Sie, bzw. die dafür verantwortlichen werden dann meinen Kindern erklären müssen, warum ich ermordet wurde. Ich selbst bin Christ und habe keine Angst vorm Tod, auch das sage ich Ihnen ganz deutlich.
Mag sein, dass Sie denken, ich würde übertreiben. Mag sein, daß ich übertreibe, dennoch beobachte ich das Aushöhlen meiner (Grund)rechte, Kriegspropaganda, Provokationen gegen Russland – auch mit deutschen Truppen – wofür ich mich als Deutscher schäme. Ich sehe, wie unsere Medien hierzulande das Volk nicht mehr informieren, sondern verwirren und damit „etablierte“ (wozu Sie gehören) Kräfte stärken. All das führ in meinen Augen zu Demokratieverlust, denn durch die Medien wird das Volk „gelenkt“ – gefühlt mehr als je zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik.
Ich hörte davon, daß u.a. Sie darüber entschieden haben, der Peschmerga Waffen zu liefern, damit der IS besser bekämpft werden kann. Ein Blick auf Wikipedia zeigt mir jedoch ein über 10faches Übergewicht der Peschmerga-Kämpfer gegenüber denen des IS (etwa 190000 zu 15000). Nun frage ich mich, wie der IS so weit an Boden gewinnen konnte. Sie befürworteten offenbar die Waffenlieferungen an die Peschmerga und daher möchte ich genau das von Ihnen erklärt bekommen.
Ich appeliere an Sie, daß sie jegliches Bestreben, dem Bundestag die Entscheidung über Krieg oder Frieden zu entziehen, unterbinden – oder es wenigstens versuchen.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Popp