Wenn ich mir so manche Christen höre, sehen sie den Untergang unserer Gesellschaft in den Klimaprotesten, der „Vergenderung“ unserer Sprache, beschwören eine wachsende Kriminalität, vorallem von Ausländern, herauf und sehen insgesamt eine Verrohung unserer Gesellschaft, die ihre christlichen Werte über Bord geschmissen hat.
In meinem Sozialen Netzwerk dagegen kommt der Weltuntergang durch die Klimakrise, durch Konzerne, die rücksichtslos die Umwelt schädigen und man sieht dabei oft den Kapitalismus an sich als Schuldigen.
Ich denke so darüber nach und komme zum Entschluß, daß beide Seiten in Teilen Recht haben, aber dort, wo sie Unrecht haben, sind sie nicht einsichtig. Ich denke sogar, es hängt miteinander zusammen.
Wo liegen zum Beispiel die „christlichen Werte“ im Verbrennen fossiler Brennstoffe? Neulich habe ich gehört, daß die Klima-Aktivisten in großen Teilen gekauft wären. Also, daß Hartz-4-Empfänger Geld in die Hand gedrückt bekommen, um sich dann auf die Straße zu kleben, um dem Klima-Aktivismus mehr Aufmerksamkeit zu generieren. Bisher habe ich dazu noch nichts gelesen oder mitbekommen, aber doch sehr wohl, daß gezielte Desinformation von einem ich sag mal platt „kapitalistischem Thinktank“ stattfanden.
Das haut in die Kerbe der 80er-Jahre-Lügen, die über Windkraft („GroWiAn geht nicht => Windkraft geht nicht“) und Photovoltaik („Solarzellen halten nur 3-4 Jahre und verbrauchen mehr Energie für die Erzeugung als sie einbringen“) verbreitet wurden, um damals die Kernkraft zu stärken. Auch Kraft-Wärme-Kopplung wurde als „nicht realisierbar“ hingestellt, während man in Dänemark 51% des Stromes genau so dezentral erzeugte. Da wurden wir schlichtweg belogen. Punkt. Ich vergesse so etwas nicht und vertraue genau deswegen Meldungen wenig, die große Konzerne angreifen.
Ich halte vom Gendern nichts. In der sexuellen Richtung sehe ich tatsächlich christliche Werte angegriffen. Und da sehe ich auch im Fediverse eine unglaubliche Ideologie und Verblendung. Das Blocken meiner Instanz aufgrund von „homophobia“ bei chaos.social, deren Blockliste von der SPD-Instanz einfach unreflektiert abgeschrieben wurde, sehe ich eher mit Sorge. Die Message, die ich dahinter sehe ist: „Der ist Christ, der haßt Homosexuelle, das geht garnicht, also blocken wir den. Der ist quasi schon ein Nazi.“ Daß ich mit Homosexuellen befreundet bin, spielt dabei keine Rolle, man machte sich auch nicht die Mühe, genauer hinzusehen. Der Vorwurf, ich wäre „ins Wohnzimmer eingedrungen“ stimmt schon deswegen nicht, weil diese Diskussion, in die ich mich einmischte, in meiner Timeline auftauchte. Wollte man keine Kommentare von außen, hätte man das entsprechend kennzeichnen bzw. verfügen müssen, diese Hebel sind da, wurden aber nicht genutzt! Aber auch hier wurde nicht hingeschaut. Nö. Ideologisch verblendet wurden einfach Verbindungen gekappt. Ich nenne sowas faschistoid, ist aber im Grunde CancelCulture.
Auch daß zumindest in meiner christlichen Community viel über Homosexualität nachgedacht wird, daß es zB bei Worthaus dazu Vorträge gibt, die so manches neu beleuchten, ist dabei auch egal. Als Christ wird man zum unreflektiert durch Verblendung zum (ich sags überspitzt) homophoben Nazi abgestempelt. Realität spielt dabei keine Rolle, nur Ideologie, bzw. wenn die Ideologie mit der Realität nicht überein ist, wird halt die Realität korrigiert und nicht die Ideologie. Finde den Fehler!
Mir geht es weniger im mich und meine Instanz, es ist der Geist dahinter: Es ist derselbe Geist, den ich überall sehe, der Menschen dazu bringt, nur noch über-, aber nicht mehr miteinander zu reden. „Du bist anders, du bist raus, mit dir wollen wir nichts mehr zu tun haben“. So ungefähr kommt das an. Dabei entstehen schöne Sozialblasen, in denen man sich sauwohl fühlt. In denen die eigene Welt in sich auch stimmt.
Aber stand das Fediverse nicht einst für Transparenz, für Dialog, für Austausch und Pluralismus? Sollte es nicht genau ein Gegenpol zu dem werden, was in Facebook durch Algorithmen an Sozialblasen erzeugt wird? Ich sehe hier ein Problem, das offensichtlich mit Technik und Kapitalismus nichts zu tun hat, sondern mit der menschlichen Natur. Und dieses Problem ist geistlich. Ja, ich sehe die Gefahr bzw. eine gewisse Wahrscheinlichkeit darin, daß Christen in Deutschland, dessen Grundgesetz Religionsfreiheit gewährt, angegriffen werden, wenn sie sich gegen den Mainstream stellen und ihr Leben anders gestalten. Ich spüre, daß mir gegenüber der Ton rauer wird, weil ich Christ bin. Es geht dabei nicht um Argumente. Es geht um Haß. Haß, den ich so bisher nur bei Satanisten erlebt habe und entsprechend geistlich einordnen konnte. Das kann man mit (fehlender) Intelligenz nicht erklären, das erkläre ich mir nur geistlich.
Und das fühlt sich für mich endzeitlicher an als der Klimawandel, den ich nicht leugne, der Ukrainekrieg, der unsere Spritpreise Stand heute nur vorübergehend erhöhte (E10 kostet heute so viel wie vor de Krieg), die kapitalistischen Machenschaften diverser Konzerne, die zB die Inflation zur „Gewinnmaximierung“ benutzen (also dort mehr Geld einstreichen, wo nichts teurer geworden ist), unsere Wirtschaftliche Belastung, die natürlich für Zündstoff sorgt, oder ein „Grünes Monster“, das unsere Wirtschaft zerstört. Wechsel ich die Perspektive in die junge Generation, sehe ich natürlich die Ängste. Die sehen das Politikversagen in der Klimafrage und haben so große Angst vor ihrer Zukunft, daß sie natürlich protestieren. Daraus dann aber politisch eine „RAF“ zu zimmern, gleichzeitig aber das Ausheben von Reichsbürgerputschisten mit Waffen herunterzuspielen, ist mehr als grotesk: Die Klima-Aktivisten haben keine Waffen und hegen keine Umsturzpläne.
Was ich sagen will: Unsere Probleme können wir nur gemeinsam lösen, die löst man nicht in sozialen Blasen. Soziale Blasen sorgen genau dafür, daß sich nichts bewegt. Darüber sollten mal wirklich alle nachdenken. Und ich behaupte, um Einreißen der sozialen Blasen muß man die eigene Ideologie überwinden, über den Tellerrand schauen und sich in die Lage Andersdenkender versetzen. Das ist ein geistlicher Prozeß, für den ich bete.
Ich schließe mich deinem ausgewogenen Statement zu 100% an.
Wenn der Dialog nicht mehr möglich ist, wenn es nicht mehr zum Austausch von Argumenten kommt, dann wird es kritisch.
Solziale Blasen, kulturelle Parallelwelten und verstärkt durch die Digitalisierung, finde ich eine gefühlte Mehrheit im Netz – genau da, wo der Dialog aufhört.
Vielen Dank Uli