Irgendwie beschäftigt und berührt mich genau das Thema immerwieder. Auch meine erste Predigt ging darüber. Das liegt vmtl. daran, wie sehr ich mich gerade in den ersten Monaten durch Jesus verändert habe und vorallem auch so fühlte. Und ich sah das auch an anderen Menschen, deren Lebenswandel-Wandel ich sehen konnte. Bei uns lief da viel über eine Art „Neudefinition“ durch Jesus Christus. Von „du bist wertlos/unwichtig“ hin zu „du bist wertvoll und wichtig“. Ein Kumpel von mir zB war, damals, als wir so 16/17 waren, ziemlich schräg drauf, vorallem haßerfüllt. Eines Abends hielt er mir sogar mal eine Knarre an den Kopf. Danach sah ich ihn über Jahre nicht mehr, bis er Jesus kennenlernte. Und auch erst ein Jahr nach seiner Bekehrung sah ich ihn wieder und traute meinen Augen nicht. Er veränderte sich wirklich, nein, er wurde sichtlich verändert. Und ein Kumpel von ihm hatte eine noch heftigere Vergangenheit. Wir trafen uns eine Zeit lang öfters hauskreismäßig. Es war eine schöne, aber auch unbequeme Zeit. Veränderung ist nie bequem und es ist ein widerliches Gefühl, Dinge loszulassen, die einen über Jahre so ans Herz gewachsen sind. Ohne das Loslassen mancher Dinge und Überzeugungen kann eine Veränderung garnicht passieren. Ich wollte mich aber verändern, ich wollte weitergehen und mich nicht mit Halbveränderungen zufriedengeben. Die Bibel spricht dabei vom „Sterben“. Ich glaube, daß jeder Mensch irgendwo innerlich sterben muß, bevor er von Jesus sozusagen „auferweckt“ werden kann. Also man muß einfach Dinge loslassen, damit Jesus sie wegräumen kann/darf und sie durch Neues ersetzen kann.
Viele denken jetzt vielleicht an Christen, oder die, die es von sich behaupten, die ihr Christsein mit einer Art Besenstil im Arsch definieren, also, die glauben, daß sie Christen sind, weil sie sich an (bestimmte) Regeln halten. Das habe ich auch mal eine Zeit lang gedacht, aber das ist falsch. Sicher macht sich Glaube sichtbar, wenn er lebendig ist, denn ein Mensch, der im Glauben die neue Identität annimmt, verändert sich auch in diese Richtung. Im Johannesbrief steht ja auch, daß ein Glaube tot ist, wenn man ihn nicht erkennt und ich glaube nicht, daß Johannes damit Werksgerechtigkeit meint.
Im selben Brief steht jedoch auch „Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat“ (1.Joh 4,19), das bedeutet, daß unserer Veränderung vorausgesetzt wird, daß wir geliebt sind. Ohne Werke, ohne Krampf, ohne was dafür getan zu haben. Ich denke, das gilt es erstmal zu begreifen. Fühlen wir uns nicht geliebt, weil wir zB glauben, daß Gott uns nur eins reinwürgen will, oder darauf wartet, uns für eine Sünde zu bestrafen, dann läuft das unweigerlich auf Rebellion hinaus, denn dann stellen wir uns bewußt oder unterbewßt gegen Gott und leben erst recht unseren Stiefel weiter wie bisher.
Ich kenne einige Menschen, die mir schon fast vorwerfen, daß mein Leben ja so gesegnet ist. Es ist in deren Augen leicht, den Glauben (auszu)leben, weil ich ja nur dankbar sein kann und ich fühle, daß Gott mich liebt. In Wirklichkeit ist es im Grunde umgedreht. Als ich in der Leitung der Jesus Freaks Darmstadt war, zu Zeiten, wo ich wegen dem, was ich dort erlebte, innerlich zusammengebrochen bin, blieb mir nichts anderes übrig als mich an Jesus zu klammern. Zu „Krisenzeiten“ suchte ich viel mehr die Nähe als zu Zeiten, in denen es ruhiger war. Dabei ging es mir logischerweise in diesen Zeiten emotional schlechter als heute. Es ist viel schwerer, sich an Jesus zu klammern, wenn man ihn scheinbar garnicht braucht. Man weiß es zwar im Kopf, aber man fühlt es nicht mehr.
Ich gewöhne mir Dinge recht schnell an – so auch zB daß ich irgendwo missionarisch tätig sein sollte. Ich dachte, das gehört zu mir irgendwie dazu, dafür lebte ich – irgendwo – und ich glaubte, daß das ewig so sein würde. Aber wenn Gewohnheit die Motivation ist, dann ist die Motivation falsch. Wenn man das erkennt, sollte man das, was man vermeintlich für Gott aus Gewohnheit tut, sein lassen, denn dann richtet man in den Bereichen mehr Schaden an als daß es nützt. Gleichzeitig ist es hilfreich, bei Gott nachzuhaken, was los ist, und wo er mich haben möchte. Vielleicht ist auch erstmal garnix angesagt, dann genieße die Ruhige Zeit.
Wenn Gott mit Veränderung ansetzt, dann, das denke ich immer mehr, emotional. Er will ja schließlich die Herzen berühren und keine Gehirnwäsche betreiben. Und das verhindert oft unsere verkopfte Welt, die Gefühle als eine Art Ware ansieht, die man sich mit gewissen Tricks selbst beschaffen kann.
Wir sind oft gewöhnt, uns mit Hilfe von manchen Tricks „über Wasser“ zu halten. Und gleichzeitig wissen viele auch, daß Gott da nicht drauf steht. Ich glaube, das liegt hauptsächlich daran, daß diese Tricks einen letztlich nur irgendwo bescheißen. Gott jedoch möchte echt in deinem Leben sein, er möchte dich echt verändern. Das bedeutet jedoch, gewisse Tricks sein zu lassen, mit manchen Praktiken aufzuhören, die einen ja so lieb ans Herz gewachsen sind. Macht man sie trotzdem, sperrt man in den Punkten Jesus aus, wenn man so will.
Im Grunde laufen wir Menschen doch Liebe und Anerkennung nach. Und wir suchen danach – ebenfalls bei Menschen. Dabei sind wir von Gott geliebt und anerkannt, ohne, daß wir was dazu tun müssen. Ich glaube, das gilt es zu erkennen und das ist es auch, was einem die Identität verändert. Und ich glaube weiter, daß Gott dort stark präsent ist, wo man ihn anbetet. Das geschieht meistens in Gemeinden. Aber eine Gemeinde kann dir nicht abnehmen, eine neue Identität anzunehmen.
Oder anders gesagt: Wenn denkst, daß du schon richtig bist, wie du bist und dich nicht hinterfragst, und du gleichzeitig merkst, daß Jesus weiter weggerückt ist, dann kehre um, und zwar genau an dieser Stelle.
Auch ich muß das von Zeit zu Zeit tun.