Unsere Gesellschaft verändert sich derzeit schnell, habe ich den Eindruck. Das mag an der Pandemie liegen, an den Regeln, an die man sich nun halten muß. Ich beobachte, wie mehr und mehr Menschen sich (ich übertreibe jetzt) versklavt fühlen und in anderen Menschen, die sich „trauen“ eine andere Meinung als der Staat öffentlich zu sagen, eine Art Heilsbringer sehen – und dabei sich freiwillig und oft willenlos eben diesen Lichtgestalten unterwerfen. Sie glauben nur noch denen, die der Lichtgestalt wohlgesonnen ist und Leute, die anders denken, werden ignoriert. Dabei baut man sich ein sehr einfaches Weltbild auf: Man selbst lebt in der Wahrheit, weil ja der „Heilsbringer“ die Wahrheit sagt und all die, die ihm nachfolgen. Die, die plötzlich mit Gegenargumenten um die Ecke kommen, lügen, oder, viel besser, weil weniger aggressiv, liegen einer Lüge auf. Oder „dem System“. So schmort man im eigenen Saft und entzieht sich jeglicher Kritik und Korrektur.
Kirchengeschichtlich könnte man denken, daß so die eine oder andere Denomination entstanden sein könnte. Wirklich weiß ich das nicht. Der Unterschied zwischen zB EfG und FEG ist da marginal und in meinen Augen lächerlich. Aber seisdrum.
Ich bin ein freiheitsliebender Mensch und als solcher gestehe ich gerne anderen Menschen Freiheiten zu. Gerne lege ich mich da mit Faschisten jeglicher Coleur an, wenn sie sich hinstellen und sagen, daß das, was sie tun alleine richtig ist, und wer ihnen nicht „nachfolgt“, wird verboten, verhaftet oder gar umgebracht. Ich glaube nicht, daß Gott so drauf ist. Er gestand dem Menschen Freiheit zu. Dazu gehört auch die Freiheit, sich gegen ihn zu entscheiden [mit allen Konsequenzen, schon klar]. Da gibt es für mich erstmal nichts zu rütteln. Aber ich denke eben auch, daß die Welt eben durch diese falsch eingesetzte Freiheit gefallen ist. Man merkt das an diversen Gesetzgebungen, wo Menschen es wirklich gut meinen, aber doch das aus meiner Sicht falsche beschließen. Oder ist meine Sicht da doch falsch?
Ein Beispiel: Ich bin gegen Abtreibung. Momentan ist Abtreibung erlaubt. Meine Mutter erklärte mir einmal, daß man es erlaubt hat, weil sich viele Mütter mit den Babys im Bauch vorher umgebracht haben. Das ist heute natürlich kein Argument mehr, keine Frage. Aber als Kind, als ich mich zum ersten Mal damit befaßte, schien es mir logisch. Und da stellte ich mir schon die Frage, ob man dieses Problem nicht anders lösen könnte. Immerhin wird da ein Baby umgebracht, getötet, man müßte eher sagen abgemurxt.
Viele Argumente pro-Abtreibung zielen auf eine kriminelle (Vergewaltigung) oder medizinie (Mißbildung) Indikation ab. Das sind keine 3%. Vielleicht wäre darunter ein Großteil der Frauen, die sich umbringen, könnten sie nicht abtreiben? Aber was ist mit den 97% ? Wieviele sind sehr jung, sehr alt, haben schon Kinder? Ich glaube, da ist unsere Gesellschaft mehr gefragt, als der Staat, der „das regeln“ muß. Ich denke, eine Gesellschaft müßte alles dafür tun, damit eine Abtreibung überflüssig wird. Und da sind wir noch weit weg von.
Was ich für faschistoid halte sind Menschen, die Menschen angreifen, die Frauen dabei helfen wollen, ihr Baby zu bekommen. Die zum Teil sehr aggressiv in ihrem Auftreten sind. Die kommen meist aus dem linken politischen Spektrum und randalieren schonmal in solchen Einrichtungen. Ich bin, wie gesagt, freiheitsliebend. Und als solcher denke ich, daß so etwas gar nicht geht. Ich halte es sogar für pervers an dieser Stelle. Wenn eine Mutter sich für ihr Baby entscheidet, sollten das auch Linke akzeptieren. Nein: Sie MÜSSEN es!
Wir leben in keiner Christlichen Welt, ich weiß nichteinmal, ob es diese „Christliche Welt“, von der man so erzählt, jemals so existiert hat, wie oft behaptet wird. Ja, die Kirchen leeren sich, aber davor leerten sich die Herzen. Ich kenne einige, die von Gott nichts mehr wissen wollen, weil sie schlechte Erfahrungen innerhalb der (in dem Fall katholischen) Kirche machten, die wegen der Oma, Mutter, was weiß ich wem noch Karteileiche sind, um eine ehrliche Diskussion zu scheuen. Meine Oma mußte sich damit auseinandersetzen.
Die Kirchen leeren sich weil die Kirchen selbst keinen Glauben mehr ausstrahlten. In meinem Fall war es das tote Hochhalten von Tradition, auf die man so stolz sein kann, was einem Halt gibt, aber für mich als Versager im „Squaredance rund um den Altar“ (6 Jahre Ministrantendienst) war es leichter – aber auch nicht leicht. Doch ich stellte mir die Frage, ob es Gott gar nicht oder nur in dieser Kirche nicht gibt und suchte. Das taten die wenigsten jener Bekannten. Leider. Sie gaben Gott auf und fanden neue Befriedigung abseits der Kirchen. Einige haßten Gott für das Unrecht, was ihnen passierte – manche wurden sogar Satanisten.
Was ich sagen will ist einfach, daß man ein geistliches Problem politisch nicht lösen kann, und wenn ein Präsident zwar ein Gesetz gegen Abtreibung erläßt, gleichzeitig aber verurteilte Mörder begnadigt, eine Pandemie ignoriert und nach dem Motto „es trifft ja eh nur die Armen“ verfährt, der Ungerechtigkeit sät, lügt und gefährliche Verschwörungserzähler machen läßt, dann den nächsten „christlichen Knopf Israel“ drückt und mal ne Bibel hochhält, während der den Rassismus im Land befeuert, …
erzählt mir bitte nix vom „Kampf gegen Gut und Böse“. Es ist alles viel viel viel Komplexer als mancher dahergelaufene „Prophet“ weismachen möchte.
Das Böse, das dunkle, das quillt aus den Augen von Satanisten heraus. Weniger bedrohlich als tieftraurig. Es ist die blanke Abwesenheit Gottes und die damit einhergehende Verzweiflung. Ich habe das gesehen. Mehrfach. Ich hatte 2 Mal eine Knarre an den Kopf gehalten bekommen. Von Satanisten. Ob die erste Knarre funktioierte, weiß ich bis heute nicht, die 2. funktionierte nicht, was ich aber auch nicht sicher wußte.
Was mich weiterhin ankotzt ist dieses selbstherrliche, arrogante „Den Medien kann man ja nicht glauben“ – Auch wenn diese Aussage zum Teil stimmt, so ist die Aussage für Christen dahinter fatal: „Glaube deinem Propheten, dann glaubst du Gott. (Und dann kannst du dein Hirn dabei getrost abschalten)“ Vorallem fehlt den Medien aber dann deine Kritik. Wenn ich der AfD (ich mag diese feige Drexxpartei nicht) etwas zugutehalte, dann die Tatsache, daß die Medien durch sie akribischer geworden sind, um schlüssige Argumente zu bekommen. Das klappt aber nicht mehr, wenn alle ungeerdet in ihrer eigenen Medienblase dahinschweben und glauben, sie wüßten vieles besser als die anderen. Und mit einem Mal wird die Welt ganz einfach…
Ist sie aber nicht! Wir sind eine pluralistische Gesellschaft. Das ist nunmal kompliziert. Die Alternative wäre Faschismus. Und der hinterließ ein zertrümmertes Deutschland, in Spanien zertrümmerte Herzen und ich fürchte, in den USA wird es vielen Christen genauso ergehen.
Deswegen ist mir der Pluralismus lieber. Deswegen bin ich freiheitsliebend und zugestehend. Ich meine, man muß es ja nicht für gut heißen, wenn ein Mensch einen Schrank anbetet. Wir Christen haben den Auftrag, Jesus zu zeigen. Zeigen, nicht zwingen! *Augenroll* Und ja, das ist halt schwierig, genauso wie das Thema rund um Abtreibung, betrachtet man viele Einzelfälle.
So, das mußte jetzt mal raus!