Offener Brief an Sebastian Fiedler, SPD (MdB)

Sehr geehrter Herr Fiedler, mit einer Mischung aus Gruseln und Erstaunen habe ich Ihre Aussage „Es darf kein Endgerät mehr auf dem europäischen Markt geben, das überhaupt in der Lage ist, kinderpornografisches Material anzuzeigen und zu verarbeiten.“ aufgenommen.

Die vergleichen es mit Druckern, die keine Geldscheine drucken können – dort hätte das ja auch geklappt. Zum einen sind Geldscheine nicht aus Papier, sie bestehen aus weit mehr Komponenten als Papier und Druckerfarbe bzw. -Schwärze. Es ist also von vornherein nicht möglich, mit einem handelsüblichen Drucker Geldscheine zu produzieren! Der Vergleich hinkt also gewaltig und ist so schlecht, daß er nichtmal als Populismus taugt!

Genausogut könnten sie auch fordern, daß es „keine Autos mehr auf dem europäischen Markt geben darf, das überhaupt in der Lage ist, Menschen totzufahren.“ Sie merken hier: Nur ein stehendes Auto kann keine Menschen totfahren. Man könnte allerhand Assistenz- und Elektroniksysteme einbauen, die das womöglich einschränken, aber nicht verhindern können. Soweit klar?

Was Sie fordern ist nichts weiter als völlig gläserne Endgeräte, die der Staat überwachen kann. Lückenlos. In letzter Konsequenz müßten Sie dann auch das Postgeheimnis aufheben, weil ja Menschen per Post Kinderpornographie verschicken könnten. Sie haben keinerlei Ahnung von Technik, das höre ich daraus.

Beispiel: Nehmen’wir mal an, ich hätte illegale Videos auf meinem Linux-PC auf der Festplatte und will das digital versenden. Das Linux-PC ist ein Endgerät in dem Sinn. Wenn man das ganz durchdekliniert läuft der meinetwegen sogar mit einer Open Source Firmware à la Libreboot. Linux ist Open Source, das heißt QUELLOFFEN. Würde da irgendein Heinzelmännchen einen Hintertüre für den Staat einbauen, würde das sofort auffallen und entfernt werden. Wie wollen Sie das verhindern? Die Open Source Community verbieten?

Wenn Sie das tun, verbieten sie in letzter Konsequenz jegliche Konkurrenz zu US-Konzernen. Und wenn eines geleakt und gezeigt wurde, dann, daß auch US- bzw. KI-Konzerne hinter jener omonösen „NGO“ steckten, die sich als Kindeswohlgruppe in Szene setzte, um die auf EU-Ebene durchzudrücken. Sie propagieren damit aus meiner Sicht einen Ansatz, der vornerum populistisch Kiondeswohl propagiert, hintenrum aber knallhart eine Lobby vertritt, die im Auge hat, Open Source auszuschalten, aus puren kapitalistischen Gründen, die NICHTS mit Kindeswohl zu tun haben.

Ich kann Ihrer Partei auch nur schwer anraten, diesem Gebaren ein Ende zu setzen.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Popp

Ein Gedanke zu „Offener Brief an Sebastian Fiedler, SPD (MdB)“

  1. @uli Das Ding mit den Geldscheinen bezieht sich vermutlich auf https://en.wikipedia.org/wiki/EURion_constellation. Das ist btw auch nicht lückenlos (SANE interessiert das nen Dreck, man kann Geldscheine unter Linux also problemlos scannen), aber "technische Maßnahmen, um gewisses Verhalten zu unterbinden" hat durchaus Beispiele.

    Das ganze Thema ist natürlich ganz anders gelagert ("~30 präzise definierte Bilder, die man zudem noch kontrolliert" vs. "Bilder bestimmter Thematik, die selbst ein Mensch nicht immer zweifelsfrei einer Kategorie zuordnen kann" in ihren Vervielfältigungsmöglichkeiten begrenzen), aber so ganz aus dem Vakuum ist der Vergleich nicht gekommen.

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