Sehr geehrte Frau Bär, sehr geehrter Herr Schipanski,

Ich mußte einige Tage abwarten, bis sich meine Wut gelegt hat. Wut über Ihre Aussagen bezüglich Datenschutz und Digitalisierung.

Als jemand, den beides Interessiert und sich damit befaßt, muß ich doch sagen, daß Ihre Aussagen unhaltbar sind. Warum sage ich das? Die Union, eine Partei, die seit Jahrzehnten Kupfer statt Glasfaser vergraben läßt bzw. ließ, ist aus meiner Sicht fast alleine dafür verantwortlich.

Wir wohnen in einer Straße, die 2010 neu angelegt wurde. Drinnen liegt Kupfer, also DSL-Leitungen. Der Datendurchsatz von Kupfer ist nur ein Bruchteil dem von Glasfasern. Warum Sie trotzdem Kupfer vergaben ließen, darüber kann man nur spekulieren, es ist nicht meine, sondern Ihre Aufgabe, die Schuldigen dafür zu finden. Ihre Partei, seit Jahrzehnten in der Regierung (mit Ausnahme von 1998-2005) trägt jedenfalls die Verantwortung dafür.

Die Digitalisierung schleppt vorallem am Netz, Schulen mit mehreren Hundert Schülern haben oft nur eine normale DSL-Verbindung – Wie ein Privathaushalt. A propos Schulen. Zurecht wird von Seiten der Datenschützer Micro$oft 365 ab nächstem Schuljahr verboten, weil Micro$oft es nicht anders hinkriegt. Zudem ärgert mich schon seit Jahren, daß Micro$oft als „Standard“ gelabelt wird, während viele Ihrer Riege die Abhängigkeit zu US-Amerikanischen Konzernen monieren. In Wirklichkeit förderten Sie es aber.
Schulen verkommen zu Produktschulen, der Unterricht wird zur Micro$oft-Produktschulung. Klar, daß Micro$oft da „Sonderangebote“ für Lizenzen macht. Und klar ist es so herrlich einfach. Und bequem. Erstmal.

Immerwieder höre ich, daß Micro$oft Teams funktioniert und zB BigBlueButton nicht. Das jedoch weniger an der Soft-, und vielmehr an der Hardware, die dahintersteckt. Und natürlich ist es auch eine Frage der Internetanbindung des jeweiligen Servers. Einfach zu sagen „Teams funktioniert halt, BBB aber nicht“, wäre daher zu kurz gegriffen, es wäre falsch, es wäre sogar gelogen. Man muß da einmal mehr die Infrastruktur (Server/Anbindung) ausbauen – statt die Infrastruktur von Micro$oft zu unterhalten.

Wir hätten schon 2003 München als Vorbild nehmen können und auf Linux und LibreOffice setzen können. In München funktionierte das auch – bis es politisch abgewürgt wurde. Eine Freundin von mir arbeitete vor ~10 Jahren dort und erzählte, sie gut es damals schon lief, noch vor dem offiziellen Ende der Migration.
Es kann eben nicht sein, was nicht sein darf, so schien es. Der ZickZack-Kurs in München, eine politische Blamage, auch (wenn auch nicht nur) der Union.

Frau Bär, mal ganz nebenbei, was meinen Sie mit „Datenschutz aus dem 18. Jahrhundert“ ? Den gab es damals noch garnicht. Damals hatten wir noch nichtmal eine Demokratie.

Wenn Sie sich nun hinstellen und monieren, der Datenschutz bremse die Digitalisierung, dann ist das Ablenken. Es ist verantwortungslos, weil Sie keinerlei Verantwortung der Fehler Ihrer Parteien übernehmen. Verantwortlich wäre, zu sagen, daß die Union es vergeigt hat und verantwortlich wäre, jemanden da dranzulassen, der auch von der Materie eine Ahnung hat. Nehmen die zB jemanden von der Piratenpartei. Ich wette, die kriegen das besser hin.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Popp

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