Lieber Schaltzugverkäufer…

Ja, ich meine Sie! Ich bin der, dem heute morgen im Wald auf dem Weg zur Arbeit der Schaltzug vorne gerissen ist. Ich hatte im Wald noch den Impuls, zurück nach Ober-Ramstadt zu meinem Fahrradverkäufer (der ebenfalls schon geöffnet htätte) zu fahren, aber Sie waren nunmal ca. 2km näher dran. Also bin ich zu Ihnen gefahren.
Sie händigten mir einen Schaltzug aus und boten mir sogar etwas Werkzeug an, das ich jedoch selbst dabei hatte. Als ich den Deckel am Schalthebel geöffnet hatte, sah ich, daß der Nippel fest drin klemmte und ich ihn ohne feineres Werkzeug nicht herausbekommen würde.

Auf Anfrage nach Werkzeug hielten sie mir jedoch einen ziemlich unfreundlichen und, wenn ich das so sagen darf, selbstherrlichen Vortrag über ein bischen BWL, daß man „sowas auch lernen muß“ und daß man als Kunde nicht einfach so vor Ihrem Laden sein Fahrrad reparieren soll. Weiterhin soll ich doch zur Konkurrenz gehen, die jedoch erst 1 Stunde später öffnen soll. Sie hätten ja nur schon auf, weil sie viel zu tun hätten.


Lieber Schaltzugverkäufer. Ich bin kein Mensch der schnellen Worte, ich habe mich erstmal ziemlich geärgert und aus Erfahrung weiß ich, daß ich dann lieber meinen Mund halte, bevor ich nachgedacht habe. Nun habe ich nachgedacht.

Erstens behaupteten Sie, sie hätten viel zu tun, wollten aber gleichzeitig, daß ich Ihnen den Auftrag gebe, den Schaltzug zu wechseln. Ich nehme das mit dem „viel zu tun“ allerdings nicht ab. Als ich Ihren Laden betrat, fegten sie in <ironic>atemberaubender</ironic> Geschwindigkeit ihren Laden auf. Wahrscheinlich fiel bei dieser Aktion der Rollbusch zum Opfer, der vorher durch Ihren Laden geweht wurde.
Zweitens, wenn Sie viel zu tun hätten, müßte ich lange warten, um einen Termin zu bekommen. Ich aber muß arbeiten, schließlich war ich auch auf dem Weg zur Arbeit, was ich Ihnen auch erklärt habe (und sie das in etwa mit „Pech gehabt“ beantwortet haben).
Drittens sagt man ja „der Kunde ist König“ und ich habe in meinem Leben schon viele Fahrradläden, -Verkäufer, -Schrauber kennengelernt. Im Mai war ich beispielsweise in 2 Fahrradläden während einer Radtour. In St. Goar mußte ich meinen Mantel tauschen und der Schrauber dort hatte so viel zu tun, daß er mir freiwillig jegliches Werkzeug angeboten hat, damit ich meinen Kram selbst reparieren kann, weil er keine Zeit dazu hatte. In Koblenz mußte ich meine Kette tauschen und bekam auch dort Werkzeug und ich konnte mir sogar anschließend meine Hände dort waschen. Kostenlos. Das nenne ich „Kundenfreundichkeit“ und da fühle ich mich auch als Kunde. Bei Ihnen wurde ich nur unfreundilch behandelt.

Sie haben es binnen wenigen Minuten geschafft, auf meiner Inneren Landkarte eine neue No-Go-Area zu etablieren. Mit anderen Worten: Zu Ihnen komme ich nicht mehr. Übrigens: Ich bin noch 1km zu Freunden gefahren, bekam dort auch Werkzeug und konnte mein Fahrrad binnen kurzer Zeit „ungelernt“ selbst reparieren – und kam sogar ohne weitere Zwischenfälle auf meiner Arbeit an.

Wenn mir das nächste Mal an der Stelle mein Schaltzug reißt, werde ich also umkehren und zu meinem Fahrradhändler fahren. Der behandelt mich als Kunde und bei ihm habe ich schon ettliche Ketten selbst gewechselt und konnte anschließend meine Hände dort waschen – weil er viel zu tun hat.

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