Kur-Tour: Mit dem Rad von Ober-Ramstadt zur Ostsee

Als meine Frau ihre Kur genehmigt bekommen hat, plante ich schon, daß ich zum Ende eine Radtour dorthin. Und ich hatte mir grob recht schnell gewußt, welche Route ich da nehmen würde:
Vom Rhein-Main-Gebiet über die Kinzig und den Bergwinkel ins Fulda-, dann ins Werra-Tal, von dort ins Leinetal, dann am Harz vorbei in die Heide ans Meer. Bei genauerer Planung fiel mir auf, daß ich ja bei meiner Großcousine übernachten könnte, doch die Strecke dorthin. Ich habe geübt und es gewagt.

1. Tag: Ober-Ramstadt – Oberellen: 208km
Leider ist der GPS-Empfänger meines Handys nicht so dolle, sodaß ich erst ab Alzenau mitgetrackt habe.

Ich fuhr um 5:45 los. Ich war schon lange wach. An der Funkanlage Mainflingen vorbei über de Main war ich sogar in Bayern. Ich kann so ein klein wenig ins Kinzigtal abkürzen. Dort kann man gut radeln und man sieht zB Störche.
In Bad Soden-Salmünster hab ich dann erstmal was gegessen. nach ~80m tat das gut :). Ich hatte Respekt vor dem Aufstieg in den Bergwinkel. Immerhin ist das die Wasserscheide Rhein/Weser. Ich war dann aber überrascht, wie schnell und leicht das war. Ich konnte den R3 folgen. Das ist gut, da muß man nicht so viel denken und navigieren.

Den R3 folgte ich bis Fulda.

Noch vor Fulda ist Hünfeld ausgeschildert, allerdings verlieren sich die Schilder und ich navigierte mit dem Handy. In Hünfeld fing es an zu regnen. Nicht viel, aber es drückte schon auf die Stimmung. Immerhin mußte ich noch eine Ecke fahren. Da ich die Kegelspielbahn erst an deren Ende „kennenlernte“, fuhr ich diesen Radweg nicht.
Ich hatte ziemlichen Durst, als ich in Wenigentaft ankam. Ich sah einen Mann mit einem Glas Wein in einem Innenhof stehen. Ich hielt an. Bemerkte, daß es ein Getränkeladen war. Der Mann sah (für mich) aus wie ein gelernter DDR-Bürger, aus dem Radio dudelten die Puhdys – ich wußte, ich war in Thüringen. Hab mich da mit Getränken versorgt und weiter gings. Die Taft, dann die Ulster, dann die Werra runter. Wieder in Hessen, dann gings erstmal nach Thüringen. Ich machte danach einen Tag Pause :).

2. Tag: Oberellen-Göttingen: 136km

Es war der wohl schönste Tag mit dem „Sahnestück Werratal“. Gerade in Thüringen ist das Tal eng und beschaulich geht es über kleine Brücken.

Wieder in Hessen ist das Tal weiter und in Eschwege hört, wie eigentlich immer in den größeren Städtchen, die Beschilderung auf. Ich navigierte per Handy und kam dann rechts der Werra wieder raus. 1988 radelte ich noch links der Werra und ich sah die verbarrikadierte DDR an der Stelle. Diesmal fuhr ich durch Thüringen und verspeiste in Lindewerra nochmal ne Thüringer Bratwurst. Weniger Kilometer später verließ ich das Werratal und kam ins Leinetal.

Werratal

In Göttingen war ich noch bei Georg Christoph Lichtenbergs Gartenhaus und fand auf dem Markt eine kleine Statue von ihm. Danach war ich im Hotel.

3. Tag: Göttingen-Gifhorn: 148km

Bis Northeim war die Strecke gut und ausgeschildert. Danach wars schwierig. Die Route vom Niedersächsischen Radroutenplaner hatte ich aufm Handy und ich folgte ihr – bis ich dann im Wald landete. Der „Weg“ war wohl eine Schneise, die der Bauer Harms 1771 beim Holz rücken mit deinem Ochsen gezogen hatte. Diese Schneise nutzten danach Wildschweine zum flanieren und 244 Jahre später hat ein „netter“ Mensch diese Schneise als „Weg“ eingetragen – und der Radroutenplaner hat ihn übernommen. Wie auch immer: Ich kam durch und am Ende war das Gras hüfthoch.

Ab Seesen wurde dann auch flacher und ab Salzgitter bemerkte ich keine Berge mehr. Vor Braunschweig machte ich mir Sorgen darüber, wie ich eben durch die Stadt komme. Ich lernte aber einen netten Menschen kennen, dem ich erstmal einfach hinterherfahren konnte. Ich hätte das NIE gefunden! Und dann erklärte er mir, daß es um Braunschweig herum ein Ring-Gleis gab, das nun ein Radweg ist und dem muß ich folgen, bis es nach Norden abging. Jo! Klappte! Ich hielt bei einer Art Biergarten an, weil da etwas von Bratwürsten stand. „Die gibts nur wenn die Eintracht spielt“, sagte mir die junge Frau am Tresen. „Welche?“, fragte ich dann. Sie kniff die Augen zusammen und sagte nach ein paar Sekunden „na Braunschweig!“. Ich grinste, trank ein Spezi und fuhr weiter.


Nördlich von Braunschweig sah ich dann Ölpumpen. Und ja, die liefen noch!

Am Ende ds Tages freute ich mich auf mein Bett und in Gifhorn fand ich dann auch die Poststraße. Aber die 27 nicht. Ich rief im Hotel an, das ich gebucht hatte. Schnell kam raus: Ich wähnte, in Gifhorn gebucht zu haben – buchte aber in Wolfsburg! Ich fand dann aber eine feudale Alternative, zahlte mehr und konnte in Wolfsburg stornieren. Das Radler schmeckte besonders gut.

4. Tag: Gifhorn-Büchen: 140km

Der Tag begann recht schön. Ich war quasi schon in der Heide. Flach, die Berge hinter mir. Nach ca. 25km schwenkte ich in den Elbe-Seitenkanal-Weg auf dem Deich ein und freute mich, weil ich ja die nächsten langen Kilometer nur noch folgen mußte. Aber es gestaltete sich als sehr zäh und bei beständigem Gegenwind war das wirklich am anstrengensten. Ich spürte meinen Hintern zum ersten Mal. Und man bekam das Gefühl, nicht vom Fleck zu kommen. Dazu kam noch, daß 2x der Weg gesperrt war und ich dann doch noch navigieren mußte.
Bei Lauenburg betrat ich zum ersten Mal seit 1979 mal wieder Schleswig-Holstein

Elbebrücke bei Lauenburg

Mit Schleswig-Holstein hatte ich wieder Hügel, Abwechslung, ich fuhr dann aber trotzdem die Landstraße bis nach Büchen und konnte in dem urigen Gasthof sehr gut essen.

5. Tag: Büchen-Neustadt(-Pelzerhaken): 118km (133km)

Ich befürchtete schon schlimmes, denn ich mußte wieder einem Kanal folgen. Der Elbe-Lübeck-Kanal ist allerdings enger und schlängelt sich. Außerdem hatte ich weniger Gegenwind und kam bis Lübeck gut voran.

Danach machte ich noch einen Abstecher nach Mecklenburg. Nach insgesamt 722km erreichte ich dann die Ostsee.

Ich bin per Fähre über die Trave, direkt an der Mündung, und dann Richtung Neustadt in Holstein. Ich mußte den Timmendorfer Strand und Scharbeutz passieren. SCHLIMM!!! Man kommt nicht vorwärts, alternativ über die Land- oder Bundesstraße darf man nicht und ein alternativer Radweg war nicht ausgeschildert. In Scharbeutz wurde ich dann angeraunzt, weil ich zu schnell war. „Zu schnell“ heißt dabei 20km/h. Was denken die eigentlich, wie man radfährt? Soll man die (gefühlten) 15km sein Rad da schieben? Ich hab zurückgeraunzt und meine Situation sehr direkt erklärt.
Um 17Uhr kam ich dann in Neustadt an. Ich checkte im Hotel (118km) ein und fuhr zu meiner Familie nach Pelzerhaken und zurück.

Meine Kilometerangaben habe ich von meinem Tacho. GPS scheint da abzuweichen. Ich bin Laut Tacho 750km bis Neustadt in 5 Tagen geradelt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert