In der Schule lernte ich, daß der Kapitalismus gut ist, weil dort ein Wettbewerb stattfindet. Wir haben dabei oft die marode DDR bzw. den maroden Ostblock vor Augen geführt bekommen. Sicher, der Sozialismus hat den Haken darin, anzunehmen, daß der Mensch von sich aus gut (arbeitswillig) ist, was ich für falsch halte.
Doch ist der Kapitalismus so viel besser? Ich beobachte, daß nicht der Wettbewerb in den einzelnen Disziplinen fair stattfindet, sondern, daß die vermeintlich „größeren“ die „kleineren“ fressen und danach von der Bildfläche verschwinden lassen. Im Grunde führt sich in meinen Augen damit der Kapitalismus ad absurdum, weil er den ach-so-wichtigen Wettbewerb verhindert: Man kauft einfach die Konkurrenz auf und macht die platt. Das war schon 1990 so, als Osram die DDR-Firma „Narva“ aufkaufte. Narve produzierte damals Glühbirnen, die ein Vielfaches der Lebensdauer einer Osram-Glühbirne hatte – sie war also besser, deren Produktion wurde aber eingestampft und der Kunde mußte weiterhin die Osram-Lampen mit kurzen Lebensdauern kaufen. Warum die Narva-Lampen länger hielten? Weil im Sozialismus geplante Obsoleszenz blödsinnig, weil resourcenfressend war.
Ich stelle also nüchtern fest, daß vorallem große Firmen den Wettbewerb meiden, indem sie Konkurrenz aufkaufen und sie damit aus dem Weg räumen. Bei Banken sagt man irgendwann, daß sie „too big to fail“ sind, also, da werden sie noch vom Steuerzahler finanziert. Toll. Bei großen Firmen ist es so, daß man am Arsch ist, wenn man sein Recht einklagen will. Geld bringt macht, bis ins Gericht.
Die Handelsabkommen TTIP, CETA und wie sie alle heißen, tun dabei ihr übriges: Die Macht großer Konzerne wird gestärkt und unsere Politiker behaupten, es wäre gut fürs Volk. Dabei ist doch eines glasklar: Konzerne wollen nur unser bestes: Unser Geld. Sonst nichts. Es geht immer um Gewinnmaximierung, egal, was es kostet, egal, ob es einzelne Kunden kostet. Auch hier geht es um den Aus- oder Aufbau von Machtstrukturen, um noch mehr Geld herauszupressen – und um Wettbewerb so weit wie möglich einzudämmen. Und hey, die EU ist empfänglich dafür und entwirft immerneue Bestimmungen, um Wettbewerb einzudämmen, wie ich schonmal am Beispiel von Metzgereibetrieben beschrieben habe.
Wenn also irgendwann kaum bis gar kein Wettbewerb mehr stattfindet, und darauf laufen wir zu, haben wir wieder Strukturen ähnlich des Sozialismus: Kein Wettbewerb, Zentralistische Machthaber (in dem Fall Konzerne). Abweichend vom Sozialismus haben wir dann viele viele Hartz4-Empfänger, die man als „Verfügungsmasse“ einsetzen kann, zu Dumpinglöhnen.
Was wir brauchen ist ein echter, freier Wettbewerb und kein (konzern-)gelenkter. Bis dahin ist der Kapitalismus die immer mehr ungezügelte Macht des Geldes. Und ja, Highlund, ich muß das Buch endlich mal lesen und ich rege mich im Grunde auch garnicht darüber auf. 😉
Du und deine späten Ostalgie-Märchen. 🙂
Du wirst doch nicht verheimlichen können, daß es immer weniger Wettbewerb gibt. Darauf wollte ich eigentlich hinaus – das hat mit Ostalgie nix zu tun 😉
Deine Diagnose stimmt insofern, als dass Kapitalismus nicht das Gleiche wie Marktwirtschaft ist. Bedauerlicherweise verwechseln geschätzte 99% der Bürger (und Wähler) aber noch immer beharrlich Kapitalismus mit Marktwirtschaft. Und der neoliberale Zeitgeist befeuert diesen Irrtum nach Kräften. Er rennt damit offene Türen ein, denn fast jedem gefällt das Bild eines lebhaften und freien Marktes, wo Leistung, Qualität und die bessere Idee über Wohl und Wehe entscheiden. Doch schon Ludwig Erhardt irrte: Wir leben nicht in einer Marktwirtschaft, wo der freie Wettbewerb für Wohlstand sorgt, sondern im Kapitalismus. Und, ganz recht, Kapitalismus ist Konzernsozialismus. Es muss so sein, weil man nun mal keine xHundert Millionen in die Entwicklung eines neuen Automodells steckt, wenn man nicht vorher genau weiß, dass sich das auch lohnen wird. Je größer das Rad, das gedreht wird, umso weniger Player können es drehen und umso planbarer müssen auch die Gewinne sein. Der Staat tut alles, damit diese Nummern laufen. Denn davon hängt unser wirtschaftliches Wohl und Wehe ab, nicht vom immer wieder hochgelobten „Mittelstand“. Den „Markt“ gibt es natürlich auch, aber der ist eine Spielwiese für die Kleinen und hat kaum Bedeutung für die Gesamtwirtschaft.
In zwei Punkten stimme ich dir nicht zu:
1. Es ist nicht der Kapitalismus selbst, der uns Probleme bereitet. Auf den Staat war er schon immer angewiesen, und entscheidend war stets, wie der Staat agierte. Die heutige neoliberale Politik ist es, die den Kapitalismus zu unschönen Auswüchsen verleitet. Nicht der Kapitalismus widerlegt sich, sondern die Politik weiß nicht mehr mit ihm umzugehen. Das hatten wir 1929 übrigens schon einmal so ähnlich. Man darf sich also zu Recht Sorgen machen.
2. Der Kapitalismus ist ein extrem dynamisches System, das man so sorgfältig handhaben muss wie ein Munitionslager. Doch ohne diesen Burner würdest du jetzt einen Lebensstandard „genießen“, den du dir nicht mal in deinen schlimmsten Albträumen vorstellen kannst. Eine stagnierende Wirtschaft (ohne Wachstum), wie es sie vor dem Kapitalismus gab, ist nicht dazu fähig, Wohlstand zu erzeugen, erst recht keinen Massenwohlstand. Es ist also keine Lösung, den Kapitalismus endlich mal durch das zu ersetzen, von dem immer die Rede ist, durch den Markt nämlich. Handel – also der Austausch von Äquivalenten – erzeugt kein Wachstum. Und Geld auch nicht. Beides gab es nämlich schon laaaange vor dem Kapitalismus, regen Handel und sogar auch Kreditgeld – trotzdem stagnierte die Wirtschaft und ließ den Lebensstandard auf dem gleichen niedrigen Niveau, das zum Überleben gerade so reichte, verharren.
Lies das Buch endlich!!! 😉
ich stimme Highlund voll zu…..habe das Buch auch gelesen 😀
und ich möchte noch ergänzen: wo geht es Arbeitnehmern besser? in großen Konzernen oder in Branchen die echter Marktwirtschaft unterliegen?
(ich weiß wo ich mich befinde und habe schon kurz nach meiner Einstellung in einem großen deutschen Konzern gesagt: „das ist der real existierende Sozialismus hier“….mit ein paar Macken desselben inklusive, hihi)