Toleranz – Und wie falsch das verstanden wird

Ich muß zugeben, daß mich es nervte, daß immer und immer und immerwieder im Radio und in den Nachrichten gemeldet wurde, daß ein deutscher Fußballprofi, nein, Ex-Profi, sich als Homosexueller geoutet hat. Viele denken, daß ich doch als Christ dagegen sturmlaufen müßte, weil ich doch gegen Schwule bin, nein, gegen sie sein muß, weil Christen doch Schwule hassen müssen. Ich kann über solche Gedanken inzwischen nur noch mit den Augen rollen.
Tatsächlich fand ich es mutig von ihm, das so zu sagen, aber wieder nicht ganz so, weil er es nach seiner Karriere als Fußballprofi tat. Aber ihn dafür hassen? Warum denn? Ich denke lediglich, daß er da auf einem Holzweg ist, das ist eben meine Meinung, aber von mir aus kann er darauf laufen, wie er lustig ist.
Ich merke mehr und mehr, daß „Toleranz“ mit „Gleichschaltung des Denkens“ verwechselt wird. Toleranz bedeutet, eine andere Meinung zu ertragen, nicht sie zu bekämpfen! Da besteht für mich ein himmelweiter Unterschied. Für diejenigen, die sich (oft) für besonders tolerant halten, scheint das aber dasselbe zu sein, so werde ich für mein Andersdenken nicht selten verurteilt und angegriffen. Bisher noch verbal, aber wer weiß, ob sich das nicht auch noch ändert.
Ich dachte bisher, daß ich in einem Land lebe, in dem der Pluralismus (=Vielfalt von Meinungen) lebt, aber mehr und mehr stelle ich fest, daß jeder am besten nur noch eine Art Einheitsmeinung zu gewissen Themen haben darf. Darf ich auch anderer Meinung sein, eine Meinung, die unpopulär ist? Sicher, es braucht dazu ein gewisses Rückrat, das zu tun und manchmal denke ich, daß die sog. „Toleranten“ (also, die, die mich dafür angreifen), mich für mein Rückrat beneiden. Naja, wissen tu ich das nicht, manchmal hab ich aber diesen Gedanken.
Aus meiner Sicht sind daher diejenigen, die behaupten, tolerant zu sein, es eben gerade nicht, sondern das Gegenteil: Eine Meinung, die nicht „konform“ ist, darf eben nicht sein und muß bekämpft werden. Das wiederum erinnert mich an das dritte Reich. So irgendwie.

14 Gedanken zu „Toleranz – Und wie falsch das verstanden wird“

  1. Deine Gedanken zum Thema Toleranz sind so schlecht nicht, nur: Es geht beim Thema Homosexualität eigentlich nicht um Toleranz, sondern um Akzeptanz.

    Wenn ich 10 Minuten an einer Straßensperre halten muss, damit der (in meinen Augen unsinnige) Fronleichnamszug vorbeimarschieren kann, dann kann ich genervt oder auch gelassen und verständnisvoll reagieren. Oder wenn der Nachbar eine Party veranstaltet und meine Nachtruhe stört. Toleranz hat nach meinem Verständnis immer etwas mit Erdulden und Ertragen zu tun. Die sexuelle Ausrichtung eines Mitmenschen beeinträchtigt aber niemanden, so er sie nicht einem anderen aufzwingt – was bei schwulen Paaren ja wohl nicht der Fall ist. Jedenfalls habe ich überhaupt nicht das Gefühl, einem Homosexuellen gegenüber Toleranz zeigen zu müssen, denn mit seinem Sexualleben habe ich nichts zu tun, ich muss da also gar nichts ertragen.

    Nein, es geht hier um Akzeptanz – und zwar nicht gegenüber bestimmten Handlungen oder Vorgängen, sondern gegenüber Menschen. Die sollte eigentlich immer selbstverständlich sein, ganz egal, welche Hautfarbe, Körpergröße, Blutgruppe oder Weltanschauung (deine teile ich beispielweise überhaupt nicht, was meiner Akzeptanz und meinem Respekt dir gegenüber aber keinen Abbruch tut) jemand hat. Die sexuelle Ausrichtung liegt genau auf dieser Ebene: Niemand sucht sie sich aus, sie gehört zur Persönlichkeit wie die Augenfarbe. Homosexualität ist erwiesenermaßen eine Spielart der Natur, die man bei vielen Lebewesen in unterschiedlicher Ausprägung findet – kein Wunder also, dass sie auch beim Menschen vorkommt. Wenn also jemand schwul ist, dann ist er’s halt. Wenn du das nicht akzeptieren kannst, solltest du deine Weltanschauung mal auf den Prüfstand stellen.

  2. Interessanter Kommentar. Wobei es mir schwer fällt dem zu folgen – bin leider nur eingeschränkt tolerant…
    Einen Teil gehe ich mit:
    1. Toleranz hat was mit ertragen, auch mit mittragen zu tun. Akzeptanz ist die Anerkennung von Tatsachen. Für mich hat das Wort Toleranz jedoch die weitreichendere Bedeutung.
    2. Es geht um die Menschen: die Überzeugung teile ich auch und zwar in der Form: Toleranz gegenüber der Person mit der ich es direkt oder indirekt zu tun habe.

    Auf der anderen Seite lasse ich mich nicht zwingen zu klatschen, wenn wieder irgendein Promi sein Coming-Out veröffentlicht. Ich nehme es zur Kenntnis, ich akzeptiere es. Wenn letztlich dann Schwulenverbände oder vielmehr ultra“tolerante“ Weltverbesserer konservative Einstellungen (wobei im Prinzip Konservativ bei „nichtklatschen“ beginnt) anprangern und angreifen, habe ich es wohl mit Homofaschisten zu tun. Diesem Zeitgeist muss ich weder nachrennen, noch muss ich ihn akzeptieren oder tolerieren. Was ich leider auch nicht akzeptieren kann, ist die Behauptung, dass Homosexualität reine Festlegung sein soll und auf Biologie zu reduzieren sei: Unter Schafböcken ist Homosexualität gut bekannt -da sie getrennt von den weiblichen gehalten werden…

  3. @Tscho: Dreh- und Angelpunkt deines Einwands ist die Frage, ob Homosexualität biologische Ursachen hat oder nicht, ob sie also genau so festgelegt ist wie die Haarfarbe oder die Körpergröße. Darüber müssten wir zuerst reden, denn davon hängt entscheidend ab, wie man den Umgang mit Homosexualität in unserer Gesellschaft bewertet. Die Nummer mit den Schafböcken reicht da sicher nicht, um diese Frage hinreichend zu erörtern.

  4. highlund: Ich beobachte in der Gesellschaft (nicht unbedingt von schwulen Paaren) sehr wohl eine Art „Aufzwingen“, weil ich ständig das Gefühl vermittelt bekomme, daß Schwulsein toll zu sein hat, hauptsächlich von den Medien, aber auch in Gesprächen. Ich wurde für meine Meinung wild beschimpft und als „Faschist“ (oder ähnliches) bezeichnet. Wie ich schonmal gepostet hatte, denke ich, daß homosexuelle Beziehungen Murx sind oder darin enden. Ob ich darin Recht habe, oder nicht – die Gesellschaft muß (wieder) lernen, Andersdenkende zu akzeptieren, sonst braucht sie sich nicht mehr als „frei“ zu deklarieren.

  5. HoS: Deine Wahrnehmung halte ich für ein wenig verzerrt. Ich sehe nicht, dass das Homosexualität in der Gesellschaft als toll oder schick gesehen wird, und auch die Toleranz- und Outing-Kampagnen haben klar ersichtlich nicht das Ziel, Homosexualität zu fördern. Es geht um das, was ich bereits schrieb: um Akzeptanz. Die Grundlage dafür ist die Erkenntnis, dass der Mensch seine sexuelle Ausrichtung ebensowenig zu beeinflussen vermag wie seine Hautfarbe, dass er also nicht wollen kann, hetero oder schwul oder bi oder sonstwas zu sein.

    Wenn dich andere als Faschist bezeichnen, dann meinen sie eigentlich Rassist. Was auch stimmen würde, wenn du dir das oben skizzierte Menschenbild zueigen gemacht hättest (die sexuelle Ausrichtung ist nicht änderbar), denn dann wäre die Nicht-Akzeptanz von Homosexualität ja dasselbe wie die Nicht-Akzeptanz z.B. einer bestimmten Hautfarbe.

    Ich nehme aber schwer an, dass du davon ausgehst, dass niemand unbedingt schwul sein muss, wenn er nur will. Deine Begründung dafür würde mich übrigens mal interessieren.

  6. Also ich denke durchaus, dass die sexuelle Ausrichtung in gewissen Grenzen dem eigenen Willen unterworfen ist. Das unterscheidet den Menschen schon ein wenig vom Tier, dass er seine Triebe auch kontrollieren kann.
    Wenn ich beispielsweise faste, dann faste ich, weil ich das will. Ich habe mich entschieden, und ich bin dann nicht von meinem Hunger beherrscht, sondern beherrsche ihn.
    Wenn mich andere Menschen bis zur Grenze nerven, dann kann ich Gewaltphantasien oder Mordgedanken hegen, oder ich kann mich dagegen entscheiden. Ich werde nicht von meinem Zorn beherrscht, sondern kann ihn beherrschen.
    Und genau so ist das auch mit der Sexualität. Wenn ich beispielsweise eine schöne Frau im Mini und Top mit riesigem Ausschnitt sehe, dann kann ich selbst entscheiden, ob ich sie in Gedanken weiter ausziehe oder eben nicht. Meine Triebe würden ja vielleicht ganz gerne, aber ich lasse mich nicht davon beherrschen.

    So gesehen kann ich deine (konstruierte) Voraussetzung für „Akzeptanz“ nicht teilen. Trotzdem akzeptiere ich es, wenn Menschen in Sünde leben. Egal, ob sie sich für ihre Homosexualität, ihre Unehrlichkeit oder ihren fehlenden Anstand rechtfertigen. Wir leben nunmal in einer gefallenen Welt, in der Sünde normal ist. Und genau deshalb ist eben auch Homosexualität normal. Oder Pornographie, die einem in Form von Erotikmagazinen in jedem Supermarkt mit Zeitschriftenstand angeboten wird. Oder Gewalt, oder Kriege, oder viele andere der Dinge, die man jeden Tag in jeder Zeitung nachlesen kann.

  7. Thomas: Du hast insofern recht, als dass es die *Denkvoraussetzungen* sind, die maßgeblich über Akzeptanz oder nicht Nicht-Akzeptanz von Homosexualität entscheiden.
    Wer – wie du – glaubt, dass der Mensch einen freien, völlig unabhängigen Willen hat, glaubt auch an das Gute und an das Böse, und ihm bleibt als Erklärung für das „Schlechte“ in der Welt nur die Erklärung, dass es sich um eine „gefallene“, „erlösungsbedürftige“ Welt handeln muss.

    Problem dabei: Ein freier Wille ist schlicht nicht vorstellbar, denn er würde das Kausalitätsprinzip missachten. Er wäre – wenn er denn wirklich frei sein wollte – eine Wirkung ohne Ursache; folglich wären alle menschliche Handlungen unerklärliche Wunder.

    Deine Denkvoraussetzung ist also falsch, und mit ihr natürlich auch das komplette Gedankengebäude, das darauf aufgebaut ist.

  8. highlund: Gott hat den Menschen mit einem freien Willen geschaffen – voila, da hast du die Ursache und auch die Möglichkeit, sich das vorstellen zu können.

    Andererseits sind einige menschliche Handlungen in der Tat unerklärliche Wunder. 😉

  9. @Thomas: Ich kann mir Wunder durchaus vorstellen, beispielsweise die spontane Verwandlung von Wasser in Wein. Oder einen Elefanten, der Opernarien vorträgt. Dies aber nur, weil ich weiß, was Wasser ist, was Wein ist, was ein Elefant ist und was eine Opernarie ist. Zwar glaube ich nicht an solche Wunder, aber sie sind immerhin vorstellbar. Beim freien Willen ist das anders, weil eine Welt ohne das Prinzip Ursache-Wirkung schlicht nicht vorstellbar ist. Dies erkannte Schopenhauer: „Unter der Voraussetzung der Willensfreiheit wäre jede menschliche Handlung ein unerklärliches Wunder – eine Wirkung ohne Ursache. Und wenn man den Versuch wagt, ein solches liberum arbitrium indifferentiae sich vorstellig zu machen; so wird man bald inne werden, dass dabei recht eigentlich der Verstand stille steht; er hat keine Form so etwas zu denken.” (Preisschrift über die Freiheit des Willens).

    Ich habe also keineswegs die Möglichkeit, mir einen freien Willen vorstellen zu können. Alles, was ich tun kann, ist, ihn einfach zu postulieren, ihn auf eine unerklärliche und eigentlich genauso unvorstellbare Macht zurückzuführen – und bloß nicht darüber nachzudenken. Was ich für keine gute Idee halte.

  10. Ich kenne ein paar (Ex-)Homosexuelle. Wenige haben heute eine Familie mit Kindern, sind heute also Heterosexuell. Wenn ich das sehe, was als „homosexuelle breite Masse“ von den Medien verkauft wird, dann sind das meist Menschen, die Sex in den Vordergrund stellen und ihre Homosexualität mit einer gewissen Aggression ausleben (jedes Mal wenn irgendeine Schwulen- und Lesbenparade gezeigt wird zB), wobei ich nicht denke, daß die breite Masse der Homosexuellen so tickt. Aber genau diese Aggression schürt eine gewisse Spannung, die, denke ich, auch von den Medien gewollt ist, weil genau das wiederum Menschen hervorruft, die voll dagegenschießen, worüber man dann auch wieder (reißerisch) berichten kann. Es geht dabei in meinen Augen also nicht um Fakten, sondern um Ideologien.
    Ich habe nichts gegen Homosexuelle und mit ihnen auch keine Kontaktschwierigkeiten. Wenn jedoch einige von ihnen mir hinter vorgehaltener Hand sagen, daß sie selbst glauben, daß ihre Homosexualität aus Verletzungen der Vergangenheit herrührt, denke ich, daß ihnen eine Heilung dieser Verletzungen besser täte als das Ausleben ihrer Homosexualität.
    Aber darauf wollte ich garnicht hinaus. Mir ging es eigentlich um die freie Meinungsäußerung. In einer Demokratie darf man – so sollte es jedenfalls sein – seine Meinung frei äußern. Wenn dir, Highlund, eine Fronleichnamsprozession zuwider ist, dann gehe dagegen auf demokratischem Wege vor, das ist legitim und dann stehe ich auch voll hinter dir, daß du das tun darfst, ganz unabhängig davon, ob ich deiner Meinung bin, oder nicht. Es geht um das Recht eines jeden, Demokratie zu leben. Genauso bin ich auch dafür, daß Homosexuelle ihr Leben so leben dürfen, wie sie es wollen – auch wenn ich es für falsch halte. Wenn dagegen jemand nachts krach macht, verstößt er gegen geltenden Gesetze und dann ist legitim, die Polizei zu rufen.
    Mir gings nur darum, daß ich frei äußern darf, das ich denke – und ich erwarte, daß man meine Meinung entweder so stehenläßt, oder sich mit ihr fair auseinandersetzt. Ich erlebe allerdings, daß ich dafür diffamiert und beleidigt werde. Wenn das die Vorstellung unserer Gesellschaft von „Freiheit“ ist, dann kann ich auch drauf pfeifen.

  11. HoS: „Mir gings nur darum, daß ich frei äußern darf, das ich denke – und ich erwarte, daß man meine Meinung entweder so stehenläßt, oder sich mit ihr fair auseinandersetzt.“

    Dagegen ist doch gar nichts einzuwenden. Wenn also jemand daherkommt und dich als „Faschist“ bezeichnet, wie du geschrieben hast, dann ist das einer fairen Diskussion erstmal wenig zuträglich; auf jeden Fall aber wird er gut begründen müssen, was deine Meinung mit Faschismus zu tun hat. Das sehe ich also absolut genauso wie du.

    Ich glaube aber nicht, dass es Sinn macht, über sein hartes Schicksal zu jammern, wenn man eine Minderheitsmeinung vertritt. Man kann von den Menschen nicht verlangen, dass sie einem Außenseiter Rosen streuen. Das konnten sie noch nie. In engem Zusammenhang mit dieser typisch menschlichen Schwäche steht auch die oft zu beobachtende Neigung, sich Mehrheiten anzuschließen, um auf der richtigen Seite zu stehen. Isolationsfurcht ist ein sehr starkes Motiv.

    Aber um mal wieder auf das Thema zurückzukommen: Mal angenommen, es wäre wirklich so, dass Homosexualität auf Verletzungen in der Kindheit (demnach eine Störung, eine Krankheit) zurückzuführen ist, es sich dabei also nicht um eine angeborene, sondern erworbene Sache handelt: Dann verstehe ich immer noch nicht, wieso Homosexuelle nicht einfach tun sollten, was sie wollen. Von dir wollen sie doch nichts, krank wird man auch nicht davon und sie werden auch keinen Hetereo von ihrem Lifestyle überzeugen können. So what?

  12. @Highlund. Ich bin überzeugt, dass Homosexualität nicht biologisch festgelegt ist. Ursache ist meiner Meinung entweder Neugier, Mode oder einfach Alternativlosigkeit (Schafböcke).

  13. Zum Punkt „warum Homosexuelle nicht einfach tun sollten, was sie wollen… . So what?“:
    Kein Thema. Können tun was sie wollen, sofern ich nicht klatschen muss und das herkömmliche Familienbild (Frau+Mann=1,2,3,… Kinder) nicht angegriffen wird. Da jedoch dieses Bild scheinbar nicht mehr zeitgemäß ist (steuerliche Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben usw.), lehne ich die Verbandspolitik der Homobewegung ab, da es gesellschaftszersetzend ist.

  14. @Tscho: Kannst du dir vorstellen, aus Neugier, Mode oder Alternativlosigkeit es mal gleichgeschlechtlich zu versuchen? Falls nein: Kannst du dir dann vorstellen, dass andere aus den og. Gründen homosexuell werden?

    Und: Warum soll eine steuerliche Gleichberechtigung von Homosexuellen das herkömmliche Familienbild angreifen? Das bleibt doch, wie es ist. Nur, dass diejenigen, die diesem Bild nicht entsprechen, steuerlich besser gestellt sind als vorher, was man ihnen als netter Mensch ja auch gönnt, oder?

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