Heute ist Allerheiligen. Das ist ein katholischer Feiertag, dessen wahre Bedeutung ich entweder nie im katholischen Sinn verstanden habe, bzw. schon früh als skurril empfand. Ich mußte also um 18Uhr zum Friedhof, um dort einen Rosenkranz herunterzuleiern. Das empfand ich schon deshalb als sinnfrei, weil ich mit den Gedanken stets woanders war. Ich kann mich erinnern, daß wir in der 3. Klasse, kurz vor meiner Erstkommunion, über Markus 7,6 bzw. Matthäus 15,8 den Text „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir.“ durchgenommen hatten. Ich wollte in dem Moment einwenden, daß doch genau das in der Kirche an vielen Stellen gemacht wird, letztlich habe ich mich aber nicht getraut, etwas dazu zu sagen. Eine dieser Stellen war für mich immer diese knappe halbe Stunde am Grab meiner Uroma. Als ich 5 Jahre alt war, starb sie und man sagte mir, daß sie in den Himmel kommen würde, damit war für mich die Sache abgehakt. Warum sollte ich dann noch am Grab stehen und einen Rosenkranz herunterleiern? Wie gesagt, ich hab den (Un)Sinn dieses Rituals nie verstanden und fand es daher tief drinnen als tief unsinnig. Die katholische Affinität zu Toten habe ich ebenfalls schon immer abgelehnt und als falsch empfunden.
Heute bin ich Christ und dankbar dafür, daß – so hoffe ich jedenfalls – niemand an meinem Grab stehen „muß“, um mich irgendwie „in den Himmel zu beten“ (vielleicht verwechsel ich jetzt auch was in der kath. Kirche?), übrigens ein Gedanke, den ich schon immer tief drinnen völlig abgelehnt habe. Es ist doch logisch, daß ein Mensch nur dann in den Himmel kommt, wenn er auch mit Gott leben will. Und ob der mit Gott leben will, oder nicht, kann er zu Lebzeiten entscheiden. Ihn versuchsweise im Nachhinein „in den Himmel zu beten“ wäre ja dann im Grunde auch gegen seinen Willen – Und Gott respektiert den Willen des Menschen. Wer sich zu Lebzeiten für Gott entschieden hat, der bleibt auch bei Gott, wer sich gegen ihn entschieden hat, der muß die Ewigkeit auch nicht mit Gott verbringen.
Wer mit Jesus lebt, der ist geheiligt, sagt die Bibel. Paulus spricht viele ganz normale Menschen, die in den Gemeinden waren, mit „Heilige“ an. Also denke ich, daß ich durch Jesus Christus ebenfalls heilig bin. Und damit ist ja „Allerheiligen“ mein Feiertag. In diesem Sinne… 😉
[audio:http://sanktheiner.popps.org/Sankt_Heiner-Dankbar-06-Fire_and_rain.mp3]
Originalton HoS: „Wer mit Jesus lebt, der ist geheiligt, sagt die Bibel.“
Und wenn man diese Aussage so interpretiert wie du, ist man auch nicht anders drauf als die Katholiken. Das versuche ich dir schon seit 1992 zu erklären. 🙂
Gemeint ist doch: Wer im Sinne Jesu, wer im Geiste Jesu lebt, der ist geheiligt. Da würdest du nun einwenden: „Nein, das reicht nicht, man muss sich auch zu Jesus offiziell bekennen, Gebete sprechen, Rituale durchführen und sich einer entsprechenden Glaubensgemeinschaft anschließen“. Und das ist im Kern nichts anderes als das, was auch die kath. Kirche sagen würde: „Nur wer katholisch getauft ist, die Sakramente xyz empfangen hat, sonntags in die Kirche geht, usw. usw., ist ein Kandidat für den Himmel“.
Highlund: Wir haben uns 1996 kennengelernt. 🙂
Ich würde heute nicht (mehr?) von Ritualen sprechen und einer „Glaubensgemeinschaft“ angehören mußte sich ein Christ aus meiner Sicht noch nie. Für mich persönlich ist das wichtig geworden.
Solange eine Bekehrung nur ein „Ritual“ ist, ist sie nutzlos, also, ein Lippenbekenntnis, wie ich oben beschrieb. Genauso ist es mit Taufe. Nein, es muß mit einem Menschen im Herzen etwas passieren, er muß quasi innerlich sterben, sonst kann er nicht auferstehen. Ob es dann obendrauf noch ne Taufe oder sonstwas gibt, ist dabei Wurscht.
Naja, du schreibst aber, dass jeder Mensch die Entscheidung treffen muss, ob er mit oder ohne Gott leben will und diese Entscheidung gewaltige Konsequenzen hat: Himmel oder Hölle. Nun muss es aber irgendeine Möglichkeit geben, dem Willen Audruck zu verleihen.
Mal angenommen, da ist jemand, der die Bergpredigt gelesen, ihre Bedeutung erfasst hat und sein Leben nach ihr ausrichtet, andererseits aber um’s Verrecken nicht erkennen kann, dass Gott in die Geschicke der Welt eingreift. Er lebt nach den Maßstäben, die Jesus gesetzt hat, was schwer ist, aber er betet nicht und spürt auch die „persönliche Beziehung zu Gott“ nicht. Würde der nach seinem Ableben von Gott abgewiesen werden, wohingegen ein anderer, der Jesus – auf welche Weise auch immer – „gespürt“ und zu ihm gebetet, sein Leben ansonsten aber als braves Mitglied der Gesellschaft geführt hat, in den Himmel durchgewunken würde?
Highlund: Naja, die Möglichkeiten zeigte Jesus ja auf und die sind zT sehr radikal. Jesus möchte, daß man zB alles gibt und sein Herz nicht an irdischen Dingen hängt, was ich am Beispiel des reichen Jünglings sehe. Ich behaupte weiter, daß es keinem Menschen gelingen kann, nach den Maßstäben, die Jesus setzte, leben kann – dann wäre er nämlich aus eigener Kraft heilig und bräuchte Jesus garnicht, dann hätte die Tora genügt. Jesus selbst sagt von sich daß er der einzige Weg zu Gott ist, was ich wörtlich und nicht philosophisch verstehe.
Viele Menschen, die sich für Gott entschieden haben, lebten eben nicht als „braves Mitglied der Gesellschaft“ (wurden im Mittelalter für ihren Glauben angezündet und ähnliches…), ich sehe mich übrigens auch nicht in dem Punkt als „brav“ an, dazu habe ich an vielen Dingen einfach eine andere Meinung als „die Gesellschaft“.
Ich habe aber die Gewißheit in mir, daß ich in den Himmel komme, und das ist etwas wertvolles, wofür ich dankbar bin. Das ist nichts, was ich mir „verdienen“ kann, es ist geschenkt.
HoS: Du bist meiner Frage elegant ausgewichen. Die war: Was wiegt vor Gott schwerer, ein Leben nach den Maßstäben Jesu (soweit möglich) oder ein Bekenntnis zu ihm?
Ich wollte deiner Frage nicht ausweichen. Ich denke, das eine funktioniert nicht ohne das andere. So wie es im 1. Johannesbrief heißt, daß ein Glaube ohne Werke tot ist. Aber diese Werke tust du aus dem Glauben heraus, zum Glauben gehört für mich das „Bekenntnis“, wie du es sagst, zu Jesus. Man kann sicher auch ohne Bekenntnis diverse Maßstäbe, die Jesus fordert, leben, aber eben nur „soweit möglich“, wie du sagst. Ein Mensch, der das tut, erhöht sich dadurch selbst, fühlt sich vielleicht gut dabei, weil er vermeintlich besser ist als andere, denn er sucht seine Anerkennung daraus. Und ja, das gibts leider auch oft bei Christen, halte ich aber trotzdem nicht für gut.
Mag ja sein, dass ein Glaube ohne Werke tot ist. Aber die Frage ist doch, ob das auch umgekehrt gilt: Sind Werke gar nichts mehr wert, wenn man nicht glaubt?
Nun, du sagst, es bedürfe des Glaubens, um diese Werke überhaupt erst tun zu können. Das stimmt sogar, aber nur insoweit, als dass man an das, was Jesus sagte, selbstverständlich glauben muss, um es in sein Leben integrieren zu können. Und ich glaube zutiefst, dass Jesus recht hatte, als er z.B. sein berühmtes „Richtet nicht!“ sprach. Ich kann es nachvollziehen, ich kann es annehmen und hundertprozentig unterschreiben – und auch persönlich, in meinem Umfeld und nach meinen Möglichen entsprechend handeln. Denn Menschen brauchen nicht das überhebliche Moralisieren anderer, sondern Zuwendung, Anteilnahme und Verständnis. Jesus war eindeutig weiter als unsere „moderne“ Gesellschaft.
Ich glaube aber nicht, dass Jesus Gottes Sohn war; allein schon deshalb, weil ich nicht an Gott glaube. Falls ich mich aber irre und nach meinem Ableben feststellen muss, dass Gott doch existiert: Wird er nach deinem Dafürhalten einem bekennenden Christen den Vorzug geben, der es mit den Werken weitaus weniger genau genommen hat als ich?