Wenn ich wohl etwas in den letzten 15 Jahren gelernt habe, dann gewisse negative Dinge auszuhalten. Ich bin gerade in der Vergangenheit Menschen begegnet, denen es mehr als schlecht ging. Manchen konnte ich helfen, vielen nicht, mir blieb nichts anderes übrig, als zuzuschauen, wie sie in die Scheiße rennen. Ja, sicher, als Christ habe ich eine Idealvorstellung vom Leben, die nicht von allen geteilt wird und wahrscheinlich denken jetzt einige, ich würde „in die Scheiße rennen“ mit „nicht Glauben“ gleichsetzen. Nun, für manche Menschen denke ich das tatsächlich, aber die meine ich dabei im Grunde nicht. Unter ihnen gibt es Menschen, die ich tatsächlich noch lieb habe, auch wenn ich das heute nicht mehr zeige, ich habe sie losgelassen und das ist auch gut so.
Ich habe Paare gesehen, die für mich offenen Auges in eine Beziehungskatastrophe gingen (die dann auch eintrat), schwer Drogenabhängige im Teeniealter, und nicht zuletzt viele mißbrauchte und vergewaltigte Mädchen und Frauen. Einer, der ähnlich viel wie ich miterlebte, sagte mal „die Scheiße, die ich gesehen habe, reicht für mehrere Leben“. Ich dachte eine Zeit lang tatsächlich, ich könnte allen, oder zumindest vielen helfen. Viele sagten auch, daß ich geholfen habe, wo ich allerdings die (okay, selbstauferlegte) Nachhaltigkeit in Frage stelle: Den meisten gings nur vorübergehend besser und sie lebten ihren Stiefel wie vorher, um wieder Scheiße zu bauen.
Das ist auch ihr gutes Recht und ich denke über vieles heute anders. Ich habe den Anspruch, denke ich, abgelegt, daß durch mich sich viele Menschen verändern könnten. Im Grunde ist das auch ein ziemlich egozentrischer Ansatz und wenn ich so darüber nachdenke, muß ich schmunzeln, weil ich damals eine doch ziemlich seltsame Ansicht hatte. Ich sagte zwar immer „alles kann, nichts muß“, aber ich tat doch alles dafür, daß alles geht. Oderso. Ja, sicher, ich war und ich glaube, ich bin noch ein Werkzeug Gottes, das er eben so einsetzt(e), wie er es für richtig hielt und hält.
Mit Sicherheit bin ich an einigen Stellen hart geworden, was eine Entwicklung ist, die ich für schlecht halte, aber ich glaube, Gott arbeitet daran und das ist zuweilen echt unbequem ;-).
Aushalten lernen jedoch ist gut, Menschen loslassen auch. Ich merke das immerwieder, wenn ich zB ehemalige Jesus Freaks sehe, die heute mit Jesus nichts mehr zu tun haben wollen. Ich ertrage das leicht und denke emotionslos so bei mir, daß sie hinterher nicht behaupten können, sie hätten von nichts gewußt. Die einzige Emotion, die ich dabei spüre, ist eben, daß ich sie liebhabe. Aber ich will sie damit (lieber) nicht nerven. Es sind einfach tolle Menschen! 🙂 Auch das halte ich recht leicht aus und dafür bin ich dankbar.
Ich merke aber trotzdem, daß es gut ist, Menschen loszulassen und trotzdem noch „lieben“ zu können.