Innovation?

Manchmal kommt es ja doch noch vor, daß hie und da auch sinnvolle Dinge entwickelt werden – im Sinne des Kunden bzw. Benutzers und nicht im Sinne des Herstellers.
Seit gestern ist unser Dacia wegen ein paar Kleinigkeiten in der Werkstatt und wir haben solange einen Renault Clio. Der hat keinen Schlüssel, sondern eine „Karte“, mit Knöpfen drauf. Damit macht man das Auto auf und zu und schiebt man die Karte im Auto in einen Slot, kann man mit einem „Start/Stop“-Knopf das Auto starten oder stoppen (Zündung ausmachen). Das Radio ist ein LG-Touchscreen und hat sogar USB. Der Drexx-Boardcomputer motzt piepsend und mit wechselnden Signalen herum, daß man nicht angeschnallt ist (das geht dem Mistding einen feuchten Kehrricht an, ob ich angeschnallt oder ohne Gurt fahre!!!). Natürlich hat die Karre Vollausstattung mit allem PiePaPo, Dinge, die sicher leicht kaputtgehen können und die man eigentlich nicht braucht. Nein, also, so ein Auto möchte ich einfach nicht haben! Das muß ich nochmal ganz klar sagen und ich habe das Gefühl, daß da die Autoindustrie – egal welcher Hersteller – dem Kunden da Dinge aufoktroieren will, die er eigentlich garnicht will!
So ähnlich wie man automatisch ein Windows auf nem Laptop gleich mitkauft, was ich auch tunlichst nicht haben will. Erstens, weil ichs nicht benutzen kann und zweitens, weil ich nicht einsehe, dem Drexxkonzern mit seinen hinterlistigen Machenschaften auch noch Geld für seine „Innovation“ zu geben. Innovation? Genau, ja, seit Windows XP ist ja bei Windows alles gut, oder vieles besser, sagt man. Dazu muß man wissen, daß Windows XP auf Windows 2000 bzw. letztlich auf Windows NT 4.0 aufbaut. Windows NT 4.0 entwickelte M$ nicht maßgeblich selbst – sondern mit der Firma „Digital“, einem damaligen Unix/BSD-Spezialisten. Soweit ich weiß hält das OpenVMS von Digital entwickelt immernoch den Stabilitätsrekord (kann sich inzwischen aber auch geändert haben). Digital ging unter – wahrscheinlich weil seine Produkte zu gut waren und einfach funktionierten?
Mein Fahrrad, noch kein Jahr alt, verlor eine Schutzblechhalterung, die im wesentlichen NUR GEKLEBT war. Ich mein, ich hab ein Trekkingrad und ich fahre auf Waldwegen rum. Da sind Erschütterungen normal. Daß sie da so nen Murx hingefriemelt haben, hat mich schockiert – dem Fahrradladenschrauber übrigens auch. Der montierte mir eine METALLHALTERUNG hin. Das hält jetzt auch. Liebe Schnüdelschrauber, was habt ihr euch dabei gedacht? Naja, wohl weniger die Schrauber, eher die sog. „Wirtschaftswissenschaflter“ dachten sich sowas wie „ui, 3 cent billiger!“. Hpmf.
Achja, genau da gabs ja vor Urzeiten einen Traktor von Mercedes, der MB-Truck. Eine Serie davon war einfach zu gut – und daher wurde die Produktion lieber eingestellt. Ich mein, es kann ja nicht angehen, daß ein Gerät so lange hält und nicht kaputtgeht.
Der Deutz D25 meiner Oma fährt nach 52 Jahren heute noch. Mein Onkel spaltet und fährt damit heute noch sein Holz. 2 Zylinder, Luftgekühlt, Stößel (ohne Hydro). Einfache, aber robuste Technik, ganz im Sinne des Kunden. Aber viele Firmen gingen wohl genau deswegen kaputt.
An der Stelle muß ich einfach unser kapitalistisches System hinterfragen. Oder ist es die Geiz-Ist-Geil-Einstellung vieler Kunden? Wahrscheinlich beides. Ich kann darüber nur mit dem Kopf schütteln und werde nicht müde, Verkäufer genau mit den Dingen zu nerven, die ich _NICHT_ haben will. Ich will echte Innovation, wozu meinetwegen USB 3.0, immer schnellere und dabei sparsame CPUs gehören. Ich warte jedoch immernoch auf einen 15″-Laptop mit ARM-CPU ;-).

7 Gedanken zu „Innovation?“

  1. Schöner Rundumschlag. Piepsen beim angeschnallt sein oder nicht angeschnallt sein: Gibt Punkte beim NCAP-Crashtest. Macht also das Auto sicherer. Irgendwie.

  2. Ja, aber eben auch nur irgendwie ;). Ich schnall mich normalerweise schon an. Ein Boardcomputer, bzw. ein elektronisches Bus-System für Geräte (zB Licht) macht ein Auto eher unsicherer, zB wenn das Licht nachts bei Regen auf der Autobahn einfach ausgeht (weil Wasser in die Elektronik gelaufen ist …?). Alles schon passiert und eben auch wegen diverser Einsparungen in Kauf genommen. Sicherheit?! *Abwink* Ich will ein Auto fahren, mit echten Schaltern, meinetwegen mit Relais, die aber bei etwas Kriechstrom nicht sofort Klackern und ich will _KEIN_ Smartcar, bei dem die „Fahr-App“ ständig abraucht (oder Teile davon).

  3. Ich denke, du siehst das schon richtig. Es ist der Kapitalismus, der solche Blüten treibt. Er verdammt uns systembedingt dazu, dass der Rubel immer rollen muss, und zwar umso schneller, je länger das Spiel läuft. Konsequenterweise tun die Hersteller von Produkten alles, um Kunden zum Kaufen zu animieren bzw. zu zwingen. Dazu gehört auch die „planned obsolescence“: Autos müssen rosten, sie müssen viel schneller verschleißen als nötig. Computerkram muss schnell veralten und softwareseitig so inkompatibel wie möglich sein. Es gibt Dinge, die kaufe ich schon gar nicht mehr, weil es sich einfach nicht mehr lohnt. Beispielsweise benutze ich mittlerweile OpenSource-Programme, und das nicht, weil ich den Preis für kommerzielle Software nicht bezahlen könnte oder wollte, sondern weil ich die Konditionen nicht akzeptieren mag. Lieber den GIMP in der Hand als das Photoshop auf den Dach. Leider gehen allzuviele Konsumenten viel zu unkritisch einkaufen, und solange das so ist, bleibt dem mündigen Verbraucher nur übrig, sich auf das Notwendige zu beschränken.

    Kapitalismus ist gut für Nachkriegszeiten. Wenn alles kaputt ist und wieder aufgebaut werden muss, gibt es kein besseres System als den Kapitalismus. Er hat eine solch ungeheure Dynamik, da kann man gar nicht so schnell gucken, wie es wieder aufwärts geht. Dann aber wird’s ungemütlich, weil das System darauf ausgelegt ist, ständig zu beschleunigen, was zu einem gesättigten Markt nicht mehr so gut passt. Dann muss die Politik im Hinblick auf wirtschaftliche Erfordernisse Konsumanreize schaffen. Bedürfnisse müssen geweckt, bedient und auf smarte Art enttäuscht werden. „Wenn wir unseren Job richtig verstehen, sind wir Verkäufer von Unglück“, meinte schon vor einem halben Jahrhundert ein „Big Player“ der Modebranche, und dieses Zitat bringt es mE auf den Punkt.

  4. zu den Boardcomputern habe ich auch was beizutragen. Seit etwa einem halben Jahr haben wir ein Auto mit so einem Scheißteil. Ich wollts nicht unbedingt haben, dachte aber erst noch, es schadet bestimmt auch nicht….aber es kam anders.
    Ich fuhr allein auf der Autobahn (5-spurig, kein Standstreifen) mit Anhänger, da fängt das Ding an zu piepsen und meldet in der emotionslosen Frauenstimme „Reifendruckverlust, bitte halten sie an und kontrollieren sie….“ so was in der Art. Bamm, da hatte ich nen Adrenalinschock der sich gewaschen hat. Glaubte ich doch einen Platten zu haben. Aber nix wars – gar nix. Alle Reifen waren ok wie sich später rausstellte – nur ich war’s nicht mehr.

    Inzwischen hab ich noch so 2-3 Meldungen die das Teil mir immer böse entgegenblinkt – ist mir aber wurscht, das nervt einfach bloß (füllen sie das Scheibenwasser nach, putzen sie die Parkdistanzsensoren, das Rücklicht will nicht etcpp. und ALLE Meldungen immerzu – ich fühle mich gegängelt)

  5. Nicht alles was sich technisch realisieren lässt, bringt unsere Gesellschaft auch wirklich voran.
    Im Gegenteil: ich bin überzeugt, dass grosse Teile der Konsumgesellschaft auf solchen Schnickschnack stehen und sich darauf verlassen, dass alles immer funktioniert – im Gegenzug werden die Deppen immer mehr zum Beifahrer
    Bei meinen 60.000 km im Jahr erlebe ich so manche Situation, die ich eindeutig auf diese Mentalität zurückführe.
    Immer mehr auf andere verlassen – möglichst wenig Verantwortung tragen müssen. Das ist der Geist unserer Zeit. Und was die Mehrheit gut findet, kann doch nicht schlecht sein. Määäh.
    Das Erschreckende daran: würde es keiner kaufen/benötigen/wollen, würde es keiner produzieren oder bewerben.

    Zieht Eure Konsequenzen!
    Ich für meinen Teil arbeite wohl in einer HighTech Welt und habe jederzeit Zugriff auf Techniken, die das momentan Machbare für den Consumer darstellen, aber ich freue mich jeden Abend auf mein Häuschen im Wald. Ohne Verkehr, ohne Zentralheizung, ohne Werbung.
    Jeder sollte abwägen, welche „Features“ im Auto er wirklich braucht.
    Und nach einem Jahrzehnt „deutschem Vorsprung durch Technik“ freue ich mich jeden Morgen wie ein Kind auf die 250 Turbo PS meines Subaru, mit Allrad, dicken Bremsen, ohne TouchDisplay, dafür mit richtigen Kippschaltern und jeder Menge Fahrspass 😉
    Aber das ist ja heute nicht mehr gefragt.

  6. Ach ja, noch Eins:
    Natürlich piepste mein Japaner auch, wenn der Strick nicht angelegt war – aber nach einem Blick in die Bedienungsanleitung zog ich nur den entsprechenden Stecker – und schon ist Ruhe im Karton.
    P.S. mein Scooby lässt sich trotzdem mit dem zugehörigen Schlüssel, so aus Metall, mit nem schönen Schlüsselanhänger aus der Schweiz, STARTEN – ganz ohne Fehlermeldung 😉

  7. Uli ich gebe dir Recht, mit AUsnahme des Gurtes. Ich finde das richtig gut wenn das Auto nervt solange man sich nicht anschnallt, oft genug erlebt das ein angelegter Gurt der ausschlaggebende Grund war warum ein Autoinsasse den Unfall überlebt hat der Andere aber nicht.

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