Meine persönliche Verhackstückung eines „Referenzfragebogens“

Gestern habe ich einen Brief von einem christichen Verein bekommen, weil jemand Bekanntes, den ich aus JF-Kreisen recht gut kenne, sich dort für eine Verwaltungstätigkeit (nix Seelsorge, Leitung oderso) beworben hatte. Die Fragen, die ich „so ausführlich wie möglich bewantworten“ möge, werden freilich „vertraulich behandelt“. Ich bin ehrlichgesagt schockiert darüber, wie Christen miteinander umgehen und wie arg man da anscheinend kontrollieren will. Und in meinen Augen liegt genau darin das Problem. Kontrolle.

„Wir möchten in der Verantwortung vor Gott zu einer möglichst klaren Beurteilung darüber kommen, ob XY für den Dienst in unserer Bewegung geeignet ist“, heißt es weiter. *Hüstel* Liebe Leute, dazu sag ich allenfalls, daß ihr mal vor Gott treten solltet und ihn selbst fragen solltet, ob XY dafür geeingnet ist (wobei ich den Begriff „Bewegung“ bei so viel Kontrollfragen schon fast lustig finde).

Ich denke außerdem, daß es arm ist, dritte darüber auszufragen, wie „geeignet“ eine Person doch für den jeweiligen Dienst ist. Gut, in Leiterschaftsfragen mag sowas vielleicht noch ein wenig Sinn zu machen, aber selbst da habe ich die Erfahrung gemacht, daß ein ähnlicher (jedoch nicht so in die privatsphäre gehender) Fragebogen nichts half.

Nungut, ich liste mal die Fragen auf:

1) Wie lange kennen sie den/die Bewerberin/in und in welcher Beziehung stehen Sie zu ihm/ihr?

2)  Wie würden Sie sein/ihr Interesse und Bemühen in Bezug auf das geistliche Wohl anderer bezeichnen?

3) Was können Sie über sein/ihr Urteilsvermögen in Bezug auf Menschen und Situationen aussagen?

4) Wie schätzen Sie seine/ihre Eigeninitiative, Ausdauer und Treue ein?

5) Können Sie sagen, inwieweit er/sie bereit ist, von anderen (Vorgesetzten, Kollegen, Freunden usw.) Korrektur anzunehmen

6) Können Sie berutelen, inwieweit er/sie Teamgeist entwickelt und sich gut in einem Mitarbeiterkreis einfügt?

7) Zeigt er/sie anderen Menschen gegenüber eine freundliche, hilfsbereits und einfühlende Haltung?

8) Wie schätzen Sie di Beziehungsfähigkeit des Bewerbers/der Bewerberin ein? Wieviele engere Freunde hat der Bewerber/die Bewerberin nach Ihrer Einschätzung

(Diese Dinge gehen den Arbeitgebern einen feuchten Kehrricht an! Unglaublich! Was denken die sich eigentlich dabei, solche unverschämten Fragen zu stellen?)

9) Können Sie etwas über die geistilche Reife des Bewerbers/der Bewerberin aussagen?

(am liebsten würd ich da „frühreif“ hinschreiben *rolleyes*)

10) Was sind Ihrer Meinung nach die besonderen „Stärken“ des Bewerbers/ der Bewerberin?

11) Welche besonderen Schwächen hat er/sie Ihrer Meinung nach?

12) Sind Ihnen irgendwelche körperlichen, seelischen oder geistlichen Probleme des Bewerbers/der Bewerberin bekant, die seinen/ihnren missionarischen Dienst sehr beeinträchtigen könnten?

(HALLO? Seit wann missioniert man innerhalb eines christlichen Verwaltungsapparates rum?)

So, ich werd das Machwerk mal ausfüllen, so gut ich das mit meinem Gewissen vereinbaren kann und kurz und bündig meine Meinung zu dem Wisch sagen.

13 Gedanken zu „Meine persönliche Verhackstückung eines „Referenzfragebogens““

  1. Ich wüd die Fragen einfach nehmen, dazu einen ehrlichen Text schreiben und das, was zu weit geht einfach mit der Begründung „das geht zu weit bzw. Sie nix an“ zurück schicken… *g*

    Hm… oder: schuick doch mal n unverschämten Fragekatalog zurück 🙂 So nach dem Motto: Der Bewerber will sich über das „Missionswerk“ ein Bild machen 🙂

  2. Hammerhart. Schön kommentiert. Finde es sehr erfrischend, Deine Meinung dazu zu lesen.

    Sowas gabs oder gibts mal bei grösseren Firmen und kommt aus dem säkulären Bereich, aber in ner christlichen Firma mit sowas anzukommen ist schon krass.

    Nach so einer Aktion würde ich dort gar nicht mehr mitarbeiten wollen. Das ist auch das Gute an dem Fragebogen, er zeigt ganz deutlich wie die Leitung tickt und ich würde an Deiner Stelle den Fragebogen an den Bewerber senden und ihm von der Stelle abraten.

    Ich hab sowas schon erlebt und würde wahrscheinlich kein weiteres Mal darauf klarkommen 🙂

  3. Was sind denn das für GESTAPO-Methoden??!!!

    Wäre wohl eher was für Scientology oder CIA oder was weiß ich sonst??!
    Ich weiß dass in den meisten sektiererischen Gruppierungen auch so etwas benutzt wird: Es lebe der gläserne Mensch!!

  4. Also ganz so undifferenziert wie mancher Kommentar hier ist, kann man das auch nicht sehen. Natürlich ist es fraglich, ob die Anzahl an guten Freundschaften oder der Lieblingskeks was über die Person an sich aussagen. Aber solch ein Fragebogen von christlichen Organisationen kann, wenn er denn auch verantwortungsvoll beantwortet wird, als Schutz dienen, um nicht Leute einzustellen, von denen z. B. Kinder gefährdet sein können (und bei denen es nicht im polizeilichen Führungszeugnis steht). Und wenn die Organisation Leute haben will, die eben deren Glaubensart oder sonst was haben sollen, dann
    muss man sich eben darüber im Klaren sein, dass man a) entweder ihren Standpunkt auch guten Gewissens vertreten oder b) sich an einer anderen Organisation orientieren sollte.
    Cheers.

  5. Schön, wenn manche das so locker sehen können!
    Doch wenn hier über Dritte „ausspioniert“ wird, weiß ich nicht was ich davon halten soll, da hört bei mir der Spaß auf!!

  6. nun gut, ausspionieren ist wohl etwas überspitzt formuliert, da ich davon aussgehe, dass nur leute mit dem fragebogen angeschrieben werden, die vom bewerber angegeben wurden 😉

    ich finde es wirklich gut unterschiedliche meinungen zu hören, denn je mehr man weiss desto einfacher kann man dann letztendlich eine eigene entscheidung fällen wie julia im letzten absatz des ersten post schön formuliert hat.

    vielleicht liest der bewerber ja sogar mit. wenn ja: alles gute und gottes segen, wünsche dir eine wohlüberlegene und von gott getragene entscheidung.

  7. 1. Was bedeutete dann „mancher Kommentar?“
    2. Also bitte! Was soll denn das sonst sein?
    Freundliches auf die Schultergeklopfe vielleicht?!
    So nach dem Motto: „Kommen Sie mal mit auf ein kleines Gespräch, wir haben ein paar „harmlose“ Fragen über…..?!“
    3. Ja!! und nicht nur ich persönlich!!!!!
    Schön für den, der derartige Sachen nicht miterleben muss(te)!!

  8. wenn der wegen dem der referenzbogen is das liest… na dann prost ihr macht das ganz schön madig… für manche vllt der letzte notnagel gegen die arbeitslosigkeit?

  9. Das habe ich mir auch schon überlegt! Doch das bedeutet wieder einmal, daß ich ein Stück persönliche Intimität und Freiheiten opfern muss! Ob auf dem Altar z.B. des Arbeithabens dann letztlich Alles zu liegen kommen soll, weiß ich auch nicht! Sicher ist das auch eine Prioritätsfrage! Ich hatte bisher das Ideal eines christlichen Glaubens auch als eine Art Freiheitsideal verstanden! Doch ich habe auch erlebt wie viele „ihren Gott“ künstlich „kleiner“ machen, damit er unter ihre „Glaubensregeln“ passt; und diese dürfen natürlich nicht größer sein als die einem zugedachte Freiheit mit der man geradeso zurechtkommt!!!

  10. RFID ist auch keine allmächtige Waffe!!! und darübe rhinaus immernoch verwundbar!

    Da wären selektive Überwachungsmethoden viel wirksamer uns auch gefährlicher!
    Wenn z.B. in ein paar Jahren Aufklärungsdrohnen klein und lautlos ja vielleicht schon unsichtbar durch die City schweben!
    Mit Video und Infrarotsensoren! Aufnahmen viel perfekter als es derzeit Google-Earth zeigt! Sollte es dann auch bewaffnete Versionen geben, die sich heraussuchen entweder einzelne Leute auszuschalten oder ganze Städte einzuäschern! Wäre das doch der ultimative Traum der Militärs!!
    Das mag ja heute noch wie Science-Fiction klingen!
    Doch die tatsächliche Realisierung dessen ist doch auch lediglich eine Frage der Zeit!!!
    Und wie wird die Welt dann aussehen…??!

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