Rußlands Drecksack und die Scheinheiligkeit des Westens

Ja, Vladimir Putin brach Völkerrecht und ja, er ist (nicht nur deshalb) ein Drecksack. Ihn als „lupenreinen Demokraten“ zu bezeichnen wäre genauso falsch wie Woda als Wodka zu bezeichnen. Das sog. „Referendum“ der Krim wurde zum Schein durchgeführt, die einen Gegner des Krim-Anschlusses nach Rußland boykottierten die Wahl, die anderen trauten sich anscheinend nicht, ihr Kreuzchen an der Stelle ihrer Wahl zu machen, wenn nebendran bewaffnete Überwacher stehen, die in die gläserne Urne gucken können. Das Ergebnis erinnert ja dann auch an die „gute alte (sozialistische) Zeit“: 95%. Nungut. Putin hat die Krim Rußland einverleibt und machte sich für den Westen damit zum Drecksack, den man dafür bestrafen muß. Ein ukrainischer Kollege sagte diese Tage, daß die Ukraine ihre Eigenständigkeit mit ihren Atomwaffen aufgegeben hatte. So bitter das klingt, so wahr scheint es zu sein, ich frage mich, ob Putin dasselbe gewagt hätte, wenn Kiew die Möglichkeit gehabt hätte, mit Atomraketen auf Moskau zu zielen – andererseits muß man auch sagen: Gott sei Dank, daß Kiew das nicht kann. Ein bulgarischer Kollege hat im tiefen Sarkasmus das ganze so kommentiert: „Ich muß aufhören, russisch zu sprechen, sonst kommen die und beschützen mich!“
Aber wegen solchen und anderen Dingen Rußland, also, Putin zu bestrafen halte ich persönlich für überzogen. Nach diesem Maßstab müßten auch andere „Partner“ bestraft werden. Gut, ja, kein anderes Land hat bisher die Grenzen auf der Landkarte verschoben, die USA zB stürzten ganze Staaten, bzw. Staatsführungen, da wird auch mal hingenommen, daß Rebellen Waffen in die Hand gedrückt bekommen, deren Einstellungen alles andere als human nach westlichen Vorstellungen sind. Und ganz bizarr wird es, wenn man bedenkt, daß Deutschland Panzer nach Saudi-Arabien liefert, die gegen Demonstranten eingesetzt wurden. Kein Wort von Sanktionen kriegt man aus dieser Region zu hören.
In meinen Augen wird da mit zweierlei Maß gemessen und das halte ich für geheuchelt und falsch. Wir sind nunmal durch Öl und Gas von Drecksackstaaten abhängig und dadurch können wir deren System auch nicht verändern.
Oder will die EU an Rußland ein Exempel statuieren?
Für die Ukraine ist klar, daß es nicht bei der Krim bleiben wird. Weite Teile der Bevölkerung, vorallem im Osten, sprechen Russisch, sind Russen, wollen vielleicht auch zu Russland, das kann ich nicht beurteilen, Medienberichten kann man nicht glauben, weil sie so oder so eingefärbt und damit nicht unabhängig sind. Und Fakt ist auch, daß nach der Revolution in Kiew und westlichen Landesteilen wirklich braune Typen an die Macht gekommen sind, in Uzgorod und Lviv zum Beispiel, da muß man Putin nüchtern betrachtet auch Recht geben, auch wenn er mit EU-Nationalisten (etwa der Font National oder der FPÖ) zusammenarbeiten möchte, was wohl eher daran liegt, daß die Euro-Nationalisten gegen die EU sind, die EU schwächen und damit Putin stärken.
Das Problem der Ukraine kommt nicht allein von Rußland – sie ist ein Spielball von Rußland und dem Westen geworden, von beiden Seiten wird da mit unlauteren Mitteln gekämpft. Man hätten die Ukrainer einfach in Ruhe lassen und sie machen lassen sollen – das wollte man aber nicht – und zwar von beiden Seiten. Und jetzt haben wir den Salat, weniger wir als die Ukrainer.

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